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Wenn in einer Einladung zu einem Konzert die Worte "und da du grad da bist" vorkommen, kann man selbige schon aufgrund des ihr innewohnenden Charmes natürlich auf gar keinen Fall abschlagen - selbst dann nicht, wenn das Konzert einem von der Stilrichtung eigentlich nur sehr begrenzt liegt. So ergab es sich, dass ich am 25. Dezember den Plan nach der Arbeit nach Hause zu flitzen, den Winter auszusperren und einen ruhig-warmen, weihnachtlichen Abend zu verbringen, gegen ohrenbetäubend laute Musik im Alten Wartesaal in Köln tauschte.
Alle Jahre wieder...
Als mich also an eben diesem Tag Otti hier in Essen einsammelte um die gemeinsame Fahrt nach Köln anzutreten, freute ich mich auf einen lautstarken Abend und neue Live-Erlebnisse. Das schneereiche Wetter und die Erfahrung, dass Akkreditierungen auch mal schiefgehen können, ließen uns zeitig aufbrechen und die Fahrt nach Köln, sowie das Finden des Alten Wartesaals nebst Parkhaus in nächster Nähe erwiesen sich erfreulicherweise als unproblematisch. Nachdem die Akkreditierungseinzelheiten dank der Zuverlässigkeit und vorbildlichen Organisation von Veranstalter Protain ebenso flott und problemlos vonstatten gingen, erwartete mich im Alten Wartesaal nach einer kurzen Inspizierungsrunde die erste Überraschung des Abends: Ein in seinem Rucksack kramender Otti, drückte mir nach dem Finden des selbigen seinen heiligen Notizblock nebst Kugelschreiber in die Hand und kombinierte dies mit der Frage: "Hast du nicht diesmal Lust den Bericht zu schreiben?". Überrascht und so-tuend, als könne ich ihm das tatsächlich abschlagen, brauchte ich ein paar Momente, um schließlich zuzustimmen und fortan das Geschehen mit etwas anderen Augen zu betrachten. Die optisch überaus reizvollen Hallen des Alten Wartesaals waren zu diesem Zeitpunkt schon gut mit schwarzem Volk gefüllt und minütlich strömten mehr tanzwütige Menschlein in den Konzertbereich. Vor der Bühne hatte sich bereits ein stattliches Grüppchen EBMler angesammelt, die selbst bei Depeche Mode aus den Lautsprechern bereits erahnen ließen, welch´ tänzerische Einlagen da noch zu erwarten waren.
Destroid
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Als erste Band auf dem Billing enterten Destroid die Bühne. Frontmann Daniel Myer, der von seinem früheren (und vielleicht bald wieder-?) Projekt Haujobb wohl den meisten schon bekannt sein dürfte und der zudem auch bei den später auftretenden Covenant zur aktuellen Besetzung gehört, bewies vom ersten Moment an, dass er nicht nur als genial-kreatives Mastermind hinter seinen Projekten zu überzeugen weiß, sondern auch live stimmlich. Kraftvoll-powernd brachten Nummern wie Friend Or Foe mit einer ausgesprochen bass-lastigen Klangausrichtung nicht nur die Massen, sondern auch sämtliche innere Organe zum Schwingen. Neben solchen Klassikern wurden mit Silent World und dem Sisters Of Mercy-Cover Lucretia My Reflection auch Stücke der neuen EP Silent World, die am 19. Februar veröffentlich wird, gespielt. Bei Lucretia My Reflection werden auf der EP die Lead-Vocals im übrigen von niemand geringerem als Sven Friedrich, seines Zeichens Sänger von Zeraphine, den legendären Dreadful Shadows und Mann hinter dem Solo-Projekt Solar Fake übernommen. Dennoch muss man Daniel Myer lassen, dass auch seine Live-Version von Lucretia My Reflection überaus ansprechend performt war. Nach einem durchweg guten Auftritt verließen Destroid die Bühne mit Judgement Throne.
Galerie: Destroid @ Christmas Ball 2009
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Welle:Erdball
Auf die nun folgende Band war ich ganz besonders gespannt. Zum einen, weil Otti bekanntermaßen nicht nur großer Fan von Welle:Erdball ist und Mastermind Honey vor dem Beginn des Konzerts auch persönlich begrüßt hatte, sondern in erster Linie auch weil dem Sender ja ein gewisser Ruf vorauseilt, was ihre Live-Performances angeht. Bisher war ich dem Charme von Welle:Erdball nicht so wirklich erlegen und auch wenn ich während der kurzen Begegnung von Otti und Honey das Vergnügen hatte festzustellen, dass letztgenannter live nochmal um einiges attraktiver ist, als auf Bildern, war ich nicht wirklich überzeugt davon, dass das ausreichen würde. Aber es musste auch gar nicht ausreichen, denn zu meiner persönlich größten Überraschung an diesem Abend, zog der Auftritt von Frl. Venus, Plastique, A.L.F., Honey und nicht zu vergessen C=64 mich vom ersten Moment an in den Bann. Das lag ganz sicher auch am Publikum, dass sich in Erwartung der Sendung ganz massiv verdichtete und für eine enorme Spannung sorgte. In erster Linie lag es aber an der Welle:Erdball selbst, die mit aufwändig-ansprechender Bühnengestaltung und einer ereignisreichen Show viel zum Staunen für Augen und Ohren boten. Allen voran muss man an dieser Stelle ein weiteres Mal Honey erwähnen, dessen Intensität und Bühnenpräsenz wirklich enorm ist und der mich ein ums andere Mal an den großen Falco erinnerte. Mit Songs wie Ich bin aus Plastik, Der Telegraph, Das Alpha-Tier (C=64), dem mir besonders gefallenden Graf Krolock und dem von den Zuhörern laut eingeforderten Starfighter F-104G wurde das Publikum verzaubert und begeistert. Offenbar hatte sich der Sender zudem überlegt, dass man den Tag nicht gänzlich unweihnachtlich ausklingen lassen sollte und so gab es eine bezaubernde weihnachtliche Einlage, als Frl. Venus und Plastique als reizende rot-weiße Weihnachtsfrauen die Bühne betraten und Welle:Erdball Alle Jahre wieder zum Besten gaben. Begleitet von Konfettischnee kamen so für kurze Zeit weihnachtliche Gefühle auf. Leider verabschiedete man sich im Anschluss bereits, für meinen persönlichen Geschmack erstaunlicherweise viel zu früh, mit Monoton & Minimal, wies noch einmal auf die neue CD und DVD Operation: Zeitsturm, sowie auf die ausliegenden Unterschriftenlisten des Deutschen Tierschutzbund e.V. hin und überließ die Bühne der Umbaupause.
Galerie: Welle:Erdball @ Christmas Ball 2009
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Suicide Commando
Selbige Umbaupause zog sich dann mit über einer halben Stunde ziemlich in die Länge und so hatte sich die Halle doch weitestgehend geleert, während auf der Bühne immer noch die letzten Utensilien der Vorgänger beseitigt wurden. Dennoch war pünktlich zum Auftritt von Suicide Commando gegen 21:40 Uhr die Halle endgültig so gut gefüllt, dass deutlich wurde, dass der Kölner Christmas Ball zumindest beinahe ausverkauft sein musste. Als Johan van Roy dann die Bühne betrat, wandelten sich die altehrwürdigen Hallen des Alten Wartesaals zu einem brodelnden Kessel. Mit Bind, Torture, Kill hatte van Roy einen krachenden Einstieg gewählt, der die Massen sofort in den Sog der Musik geraten ließ und für extatisches Tanzen wohin das Auge blickte, sorgte. Für eine ganze Stunde heizten Suicide Commando mit Stücken wie Hate Me, Love Breeds Suicide und Come Down With Me dem Publikum ein und sorgten für wilde Begeisterung. Da ich an dem Tag bereits seit 03:30 Uhr auf den Beinen war und gearbeitet hatte, sprang bei mir dennoch der Funke nicht wirklich über. Dies lag aber ganz sicher nicht an van Roy, der sich total verausgabte und eine energiegeladene Show ablieferte, sondern wohl eher daran, dass meine Aufnahmefähigkeit für Musik dieser Art dann einfach nicht mehr groß genug war. Nachdem das Publikum sich mit Save Me hartnäckig noch eine Zugabe erarbeitet hatte, gab Suicide Commando gegen 22:50 Uhr die Bühne frei für die Headliner des Abends.
Galerie: Suicide Commando @ Christmas Ball 2009
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Als 23:15 Uhr Eskil Simonsson die Bühne betrat, schwoll ihm sofort ein Begeisterungssturm entgegen. Vorschusslorbeeren, deren sich der Frontmann von Covenant im Anschluß erwartungsgemäß als würdig erwies. Mit Krachern wie 20Hz und Tour De Force wurde das Publikum weiter angeheizt, um dann beim wunderschönen The World Is Growing Loud eine Atempause zu bekommen. Gerade in solchen Momenten bewies Simonsson seine Klasse, sorgte für Wärme und watteweiche Melancholie an einem sonst sehr temporeich-lauten Abend. Aber da die Menge ja zum Feiern gekommen war, wurde mit Bullet und dem grandiosen We Stand Alone kraftvoll nachgelegt. Nachdem Sänger Eskil Simonsson das gesamte Publikum vom ersten Augenblick an komplett unter Kontrolle hatte und beinahe magisch beherrschte, absolvierte er voller Energie den Auftritt und läutete abschließend mit Ritual Noise stimmungsvoll den Abend aus.
Galerie: Covenant @ Christmas Ball 2009
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Da die Heimreise sich trotz leerer Autobahn noch etwas hinzuziehen versprach und sowohl Otti als auch meine Wenigkeit einen langen Tag hinter uns hatten, haben wir die anschließende Aftershow-Party geschwänzt und uns stattdessen relativ zügig auf den Heimweg gemacht. Letztlich hat dieser gelungene Konzertbesuch mal wieder bewiesen, dass Live-Auftritte doch einen ganz anderen Charme, eine andere Wirkung haben, als auf Silberlinge gepresste Musik und dass es sich lohnt auch mal über den eigenen musikalischen Tellerrand hinauszublicken. Denn nur dann kann es passieren, dass man, wie in diesem Fall ich, sich zu der ein oder anderen Band bekehren lässt und dann schlußendlich doch das schreibt, was Otti schon vorher im Kaffeesatz gelesen und prophezeit hat: "In deinem Bericht wird stehen, dass Welle:Erdball toll waren!" :)
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