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Interview (Musik)Blättern: Vorheriger Artikel | Nächster Artikel

RROYCE: "Der Anspruch, sich weiterzuentwickeln"

Das folgende Interview mit Rroyce ist im Juli als Grundlage für einen Artikel im Slam Magazin entstanden. Da die Bandmitglieder derart umfangreich und sympathisch gewantwortet haben, dass nur ein Bruchteil der Antworten im Heft Platz fanden, stand schnell fest: Das sollte auch nochmal "im Ganzen" veröffentlicht werden. In der Zwischenzeit haben sich manche Ereignisse überschlagen, Insbesondere konnten wir Rroyce nochmal auf der Bühne erleben, zugleich wurden andere Shows abgesagt, sodass manche Frage und Antwort nicht mehr aktuell ist. Dennoch dürfte das Interview für viele von Euch, insbsondere für die Fans der Band, lesenswert sein - daher ist es hier hier nun für Euch in voller Länge:

Otti:
Zunächst mal ganz allgemein gefragt: Rroyce-Album Nummer vier steht ins Haus - wie ist die Stimmung in Dortmund?

Casi:
Wir sind in freudiger Erregung - angespannt - oder wie wir in Dortmund sagen: fickerig!!

Kay:
Stimmung ist soweit gut, arbeitsreich und ergiebig!

AL:
Na klar, man ist gespannt, wie das neue Album angommen wird bei den Fans.

Rroyce
"Wir hatten Bock auf was "wilderes" und es war auch die richtige Zeit dafür.

Otti:
Den Titel Rroyce könnte man z.B. als eine Art Urschrei interpretieren. Was schreit Ihr damit heraus?

Casi:
Lautmalerisch verbindet man u.a. in Comics Rroarr mit aggressiven, angreifenden Raubtieren, die zum Sprung ansetzen, um ihre Beute zu greifen. Für unsere Verhältnisse ist das Album auch recht aggressiv geworden. Das Soundgewand ist schon recht fett. Mit Rroarr schreien wir unsere Frustration heraus, die uns während des Lockdowns begleitete. Man erkennt ganz gut, wie sehr uns diese "leere Zeit" im Songwriting beeinflusst hat.

Otti:
Inhaltlich wirkt das Ganze noch ein wenig wilder, energetischer als die Vorgänger. Woher kommt diese Ausrichtung, bzw wie gewollt ist sie?

Kay:
Wir hatten Bock auf was "wilderes" und es war auch die richtige Zeit dafür.

AL:
Ja, wir möchten uns ja auch gerne weiterentwickeln. Ich persönlich stehe ja auch auf etwas härteren Sound und es war an der Zeit, auch bei Rroyce mal ein paar kräftigere Gitarren- und Synthsounds einfließen zu lassen. Daher haben wir uns dieses mal ja auch für einen neuen Produzenten entschieden. Die letzten beiden Alben haben wir mit Dirk Riegner produziert. Für das neue Album konnten wir DominatrixRMX übereden, mit uns zusammen zu arbeiten.

Otti:
Was waren generell die wichtigsten emotionalen, aber auch intellektuellen Faktoren, die Euch bei den Arbeiten am neuen Material begleitet haben?

Casi:
Subjektiv betrachtet, habe ich während der textlichen Entstehungsphase so viel Nachrichten konsumiert, wie nie. Die Berichterstattung wirkte auf mich relativ einseitig. Das große, blöde "C" war natürlich in aller Munde. Die damit verbundenen gesellschaftlichen Ströme konnte man vom Sofa aus, aus allen Richtungen betrachten und bewerten. Where The Morons Walk z.b. zielt ganz konkret auf das Phänomen der Verschwörungsideologen, denen man damals eine für mich fragwürdige Bühne bereitete. Social Media Fake Friend braucht man nicht zu erklären. Die Thematik liegt auf der Hand und ist und bleibt tagesaktuell.
Ich möchte behaupten, Rroarr ist ungewollt politischer als die Vorgängeralben geworden.

Kay:
Es ist aber auch wichtig sich zu positionieren wenn es nötig ist - und das ist es eigentlich immer!

AL:
Diese ganze Zeit mit den Einschnitten in das gewohnte Leben war schon sehr sehr anstrengend für uns alle.

Otti:
Wie beeinflusst bei Euch eigentlich der Text die Komposition, und/oder umgekehrt? Gerne an einem Beispielsong erklärt. ;)

Casi:
Rroyce-Songs entstehen eigentlich immer nach einem uns liebgewonnenen Schema: Kay entwickelt musikalische Strukturen und Versatzsstücke. Er überlässt mir diese Sounds dann völlig ohne Vorgaben. Ich höre mir das Ganze dann zigfach an, und dann wächst eine Melodie in meinem Kopf, die zuerst gesummt wird und später dann schaue ich in meiner Textsammlung nach. Aus Stichpunkten und Worten forme ich dann den kompletten Text und passe diesen zur ausgewählten Melodie an. Als Beispiel kann ich Rebuilt.Reborn aufführen. Als ich die Musik dazu hörte, passten diese zwei Worte, wie die Faust aufs Auge und wenn es mir leicht den Rücken runterläuft, weiß ich: Der Song könnte funktionieren.

Kay:
Ich entwickel keine musikalischen Strukturen und Versatzstücke - das sind Songs! Na klar wird dann nach den ersten Songideen noch arrangiert und die ein oder andere Änderung gemeinsam entwickelt und umgesetzt.

Otti:
Was waren die besonderen Momente während des Songwritings und der Aufnahmen zu Rroarr, die Euch immer in Erinnerung bleiben werden?

Casi:
Die Pausen während der Gesangsaufnahmen, hahaha. Kay ist schon sehr streng mit mir und fordert mich immer bis zum Maximum heraus - aber die Endergebnisse sind halt für uns auch immer wieder eine Offenbarung. Na ja, natürlich auch der Moment, wenn wir zum ersten Mal den produzierten Song gehört haben. Es war immer ein tolles Gefühl, wenn DominatrixRMX uns die Vorschläge zugesandt hat.

AL:
Ja, es ist immer sehr spannend, wenn die Songs vom Produzenten zurück kommen .

Kay:
Für mich ist es immer mit am spannendsten, wenn Casi zum ersten mal seine Gesangsidee vorstellt. Meistens denke ich immer: "Hätte ich so nie gemacht". Aber das ist es eben, was mich dann jedesmal überrascht und am Ende dann auch überzeugt (mit ein paar kleinen Änderungen an der einen oder anderen Stelle).

Otti:
Auf der anderen Seite - gab es auch ein Erlebnis, das ihr am liebsten vergessen würdet?

Casi:
Nun... der wirtschaftliche Aspekt bei einer Albumproduktion ist immer sehr frustrierend. Man hat so tolle Ideen, konzeptionell, grafisch, merchtechnisch usw. Dann merkt man, dass man das Ganze finanziell leider nicht umsetzen kann. Das tut schon weh...

Kay:
Ja, das "nicht treffen können" und darauf warten, ob man sich zum Einsingen treffen darf. Dann aber nur zu zweit. Das war belastend und unschön. Ich treffe mich lieber mit den beiden im Studio live und in Farbe, als online in einer Videokonferenz. Obwohl das auch sehr lustig sein kann und war wenn man den einen oder anderen Filter entdeckt hat und plötzlich mit roten Lippen oder Cowboyhut über das neue Album spricht...

AL:
Mhm, das fand ich auch sehr blöd diese Mal leider. Wenn wir alle im Studio sind, ist das einfach klasse, man kann sofort reagieren, wenn etwas auffällt oder man vielleicht noch einmal eine andere Idee ausprobieren möchte. Durch die ganzen Einschränkungen ist ein Stück Spontanität in dem Entstehungsprozess weggefallen. Das Album ist trotzdem super geworden. Aber diese Mal war es halt anders als gewohnt, von den Prozessen her.

Anmerkung zur folgenden Frage: Zur Zeit des Interviews sah es in Sachen "Konzerte" für Rroyce noch deutlich besser aus - zwischenzeitlich musste die Tour aus logistischen und der Auftritt beim E-tropolis aus gesundheitlichen Gründen abgesagt werden. Wir hatten urz überlegt, die Frage amt Antworten zu streichen, finden es aber ehrlicher, die Gefühle und Gedanken der Bandmitglieder zum Zeitpunkt des Interviews dennoch wiederzuspiegeln. Gerade auch, weil wir hoffen, dass bald wieder zahlreiche Shows der Band stattfinden können.

Otti:
Nachdem die Pandemie Euch natürlich auch livetechnisch ausgebremst hat, rollt die Konzertmaschine langsam wieder - unter anderem seid Ihr fürs E-tropolis bestätigt. Worauf freut Ihr Euch bezüglich der kommenden Shows am meisten?

Casi:
Ich bin ziemlich stolz, dass wir Rroarr auf unserer eigenen Headlinertour präsentieren können. Wir haben lange darauf hingearbeitet. Aber auch auf den Festivals merken wir, dass wir den nächsten Step gemacht haben, da wir uns auf den "Main Stages" präsentieren dürfen. Wir wollen unseren guten Ruf zum Thema "Fannähe" unterstreichen. Wir bleiben, wie wir sind und freuen uns auf den unmittelbaren Austausch mit den Leuten, die uns auf unseren Konzerten besuchen.

Kay:
Ich freue mich mit der Band und der Rroyce Crew unterwegs zu sein. Menschen zu treffen, Konzerte zu geben. All das ist mein Energiebrunnen.

AL:
Absolut. Auf Tour, zu Festivals, die Fans, das ganze Drumherum... dafür machen wir das alles. Es ist so ein geiles Gefühl, auf der Bühne zu stehen, wenn die Leute mitgehen und uns unterstützen. Wenn die neuen Songs live sofort angenommen werden, mega.

Otti:
Während der letzten zwei Jahre waren Konzerte allerdings rar. Was waren die größten Herausforderungen, um eine gute Show zu liefern, wenn ihr nach langer Pause wieder einmal eine Bühne entern konntet?

Casi:
Wir haben eigentlich gemacht, wie immer. Wir sind authentisch geblieben. Man sieht immer, dass wir Bock haben, live zu performen. Wenn man in glückliche Gesichter vor der Bühne schaut, kommt der Rest von ganz allein. Es baut sich ein unsichtbares Band auf, zwischen Musiker und Konzertbesucher. Ein magischer Vorgang.

Kay:
Die größte Herausforderung war, zu fühlen, wie sehr man das alles vermisst hat und wie wichtig es ist, zusammen ein Konzert zu haben.

AL:
Ja, es war schon ein wenig komisch, nach langer Zeit wieder Live auftreten zu dürfen. Bis kurz vorher hat man ja auch immer noch irgendwie gezweifelt, ob es nicht doch noch eine neue Regel gibt und die Auftritte wirklich stattfinden können.

Otti:
Ich weiß aus persönlicher Erfahrung, dass Casi zuletzt auch als Moderator eine gute Figur gemacht hat. Wie stehts mit der eigenen Fernsehshow?

Casi:
Fernsehshow? Hmmm... Ich würde lieber tolle Rroyce-Konzerte vorziehen. Die darf man dann ruhig auch im TV zeigen. Hahaha.

Kay:
Fernsehshow? Warum nicht, aber vieeel lieber würde ich ja einen Western drehen. Leider finanziell überhaupt nicht realisierbar. Aber wer weiss - Ideen haben wir ja genug.

AL:
Vielleicht machen wir eines Tages ja mal so eine Art "Muppet-Show" mit unseren Puppendoublen aus dem Video von Paranoid SL, das könnte ich mir gut vorstellen., wer weiss...?!

Rroyce
"Unsere Discografie stellt eine stete Entwicklung dar. Das finde ich ganz schön toll."

Otti:
Der tragische und überraschende Tod von Andy Fletcher hat uns alle in der Szene mitgenommen. Welche besonderen Gedanken und Gefühle verbindet Ihr mit diesem Künstler?

Casi:
Zunächst einmal zeigt es mir, dass unsere Zeit für alle auf dieser Welt endlich ist. Natürlich ist es immer einen Tick emotionaler, wenn Menschen sterben, die man gefühlt seit zig Jahren kennen und begleiten. Seine Rolle bei Depeche Mode war ja mehr "der Mann im Hintergrund". Unaufgeregt und bescheiden.
Jeder Künstler, der von uns geht, reißt eine Lücke. Jeder auf seine Art und für jeden ist individuell diese Lücke größer oder kleiner.

Otti:
Solche Ereignisse führen einem auch immer die eigene Vergänglichkeit vor Augen. Was zieht Ihr aus den regelmäßigen Meldungen über das Ableben unserer "alten Helden"?

Kay:
Ich merke dann immer besonders, wie schnell die Zeit läuft und wie wichtig es ist, nichts aufzuschieben.

AL:
Genau, die eigene Vergänglichkeit wird einem dann immer sehr schmerzlich bewusst. Wir sind ja jetzt auch alle schon älter als 25. Da bekommt man schon mal komische Gedanken, wie lange kann ich das noch, wieviel Zeit bleibt mir selber noch... und oft denke ich auch, wie schade es ist, wieviel gute Songs hätte der Künstler noch schreiben können... mich würde es wahnsinnig interressieren, was John Lennon zu den aktuellen Ereignissen zu sagen hätte...

Otti:
Und was sind auf der anderen Seite die Faktoren, wegen derer Ihr nachhaltig mit Rroyce weitermachen wollt und werdet?

Casi:
Mein persönlicher Antrieb ist der Anspruch, sich weiterzuentwickeln. Ich habe keine Lust darauf, dass Songs austauschbar sind und es irgendwie egal ist, ob Song A auf Album 3 oder Song X auf Album 1 drauf ist. Unsere Discografie stellt eine stete Entwicklung dar. Das finde ich ganz schön toll. Und dieses positive Gefühl möchte ich mit vielen Leuten da draußen teilen... mit ganz vielen Leuten.

Kay:
Das Gefühl, zu sehen, wie ein Song seinen Weg nimmt - bis auf eine Bühne, das macht diese Reise so einmalig für mich. Wenn ich mich erinnern kann, wie ich da saß und die ersten Töne eines Songs spielte, der heute mitgesungen wird, ist das für mich immer wieder ein Antrieb weiterzumachen. Die Rückmeldungen der Menschen dass unserer Musik sie in ihrem Leben begleitet freut mich ungemein. Wenn unsere Musik in schweren Zeiten hilft, diese zu überstehen oder Rroyce einfach ein schönes Erlebnis ist, dann spüre ich die Verantwortung, weiterzumachen.

AL:
Auf die Bühne gehen, den Menschen ein gutes Gefühl, oder auch nur eine gute Show für diesen einen Moment zu geben, eine fast unbeschreibliche Erfahrung. Songs zu entwickeln, die anderen Menschen Kraft, Lebensfreude und Energie geben... was will man mehr?

Art des Interviews: Email
10/01/22 by Otti
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