Vor einem Vierteljahrhundert gründete sich in Dresden eine Band namens Kaltfront, die im Schatten des DDR-Regimes ihre Vision von düsterem Punkrock inszenierte. 1990 folgte die Auflösung, 2005 gab es eine (Teil-)Reunion, bei der sich ursprüngliche Mitglieder mit neuen Mitstreitern zusammengetan haben, um fortan wieder aktiv zu rocken. Und nun ist das brandneue Kaltfront-Album Spiegel bei mir gelandet, um es zu besprechen.
Tatsächlich packen mich die Herren mit dem ersten Takt - Kaltfront fabrizieren dystopischen (Post-)Punk, der sich in ähnlichen (aber nicht deckungsgleichen) Sphären wie z.B. Fliehende Stürme oder Razzia bewegt. Genau meine Vibes also! Tatsächlich wundert mich auch sehr, dass die Band bisher weitestgehend an mir vorbei gegangen ist, trifft sie doch wie gesagt voll meinen Geschmack, zudem habe ich mich durchaus immer wieder mal ein wenig mit DDR-Punk beschäftigt.
Wie dem auch sei, zurück zum Album. Zehn Tracks erwarten den geneigten Hörer, beginnend mit Ein schlechter Film, einer treibenden Nummer mit griffigem Chorus. Da ich nicht drauf stehe, jeden einzelnen Song eines Albums zu zerlegen, will ich vor allem meine meine (aktuellen) Lieblinge erwähnen. So ist nicht nur das Zusammenspiel der Instrumente bei Was glaubst Du wahnsinnig intensiv, auch die Lyrik stellt die richtigen zeitgemäßen Fragen. Das mächtige Stück Zurück in Dein Grab richtet sich an ewig-gestrige, die auf Kriegstreiberei und Uniformen stehen und mein persönlicher Höhepunkt ist Tot besser dran, welches musikalisch genau einen Nerv trifft, den ich einfach Klasse finde, Textlich kann ich das Stück heutzutage mit einem Augenzwinkern aufnehmen, wenngleich es durchaus bittersüßen Ernst für viele Menschen darstellt.
Das Lustige ist, Kaltfront machen gar nichts so wahnsinnig ungewöhnliches - sie klingen so, wie manche die Bands, die ich auf meinen ersten Punksamplern der 90er entdeckt und lieben gelernt habe. Und genau jenen (heutzutage gar nicht mal so oft zu findenden) Sound bedienen sie mit simpler Perfektion, sodass sie zumindest mir eine wahre Freude damit machen. Für solche Entdeckungen liebe ich meinen Job!
Trackliste
01. Ein schlechter Film
02. Spiegel
03. Treibsand
04. Was glaubst Du
05. Wie dünnes Eis
06. L.W.E.K.
07. Zurück in Dein Grab
08. Tot besser dran
09. Ein dreckiger Schleier
10. Nachts in den Straßen
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Veröffentlichung: Oktober 2021
Stil: Punk/Postpunk
Label: Rundling
Website: kaltfront-dresden.de
Facebook: facebook.com/Kaltfront
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