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Alexander Paul Blake geht unkonventionelle Wege, sowohl in seiner Musik bei Eden weint im Grab, als auch als Autor und Schriftsteller. Dabei macht er nur das, was man eigentich in einer alternativen Szene wie der Gothic-Subkultur erwarten sollte: Sich nicht an Standards halten, Kreativität über Kommerz stellen und dabei seine dunklen Seiten künstlerisch zum Ausdruck bringen. Daß Alexander mit seinem Schaffen auffällt, könnte man daher fast als Armutszeugnis der Goth-Kultur des neuen Jahrtausends ansehen, aber auch nur fast. Schliesslich ist auch Eden weint im Grab aus diesem Umfeld erwachsen, und somit eher ein positives Beispiel für die niemals verloren gegangene Tiefe in den Abgründen der menschlichen Seele.
Wir sprachen mit Alexander über das neue Ewig-Album Der Herbst des Einsamen, die Kunst als solche, aber auch seine persönlichen Ansichten zu dem, wie sich unsere Welt derzeit gestaltet.
Otti:
Hallo Alexander, danke dass Du dich meinen Fragen stellst. Für die noch Unwissenden unter den Lesern, wie würdest Du dein Projekt Eden weint im Grab mit wenigen Sätzen selbst beschreiben?
Alexander:
"Eden weint im Grab nimmt in meinen Gedanken so viel Platz ein und hat so viele Facetten, dass es mir schwer fällt, die Essenz in ein paar Sätzen auf den Punkt zu bringen. Die bisherige Geschichte des Projekts mit seinen drei Veröffentlichungen ´Traumtrophäen Toter Trauertänzer´ (2004), ´Trauermarsch Nach Neotopia´ (2008) und dem aktuellen Album ´Der Herbst des Einsamen´ lässt sich ja anhand von diversen Artikeln im Netz und auf unserer Homepage recht einfach nachvollziehen, sodass ich diesbezüglich nicht ins Detail gehen möchte. Nur so viel: EwiG ist für mich eine Spielwiese für meine dunkle Seite, weswegen ich das auch von meiner privaten Existenz zu trennen versuche, da beides nicht immer gleichzusetzen ist. Ich vergleiche mich immer gerne mit einem Autoren oder Filmemacher, der aus seinem Innersten heraus neue Welten erschafft und dabei selbst auch wieder in diese eintaucht, aber er ist nicht zugleich jede seiner Romanfiguren oder der Hauptdarsteller. Bei EwiG ist das ganz ähnlich."
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"Viele Grufties gehen lieber zu einer der kommerziellen Großveranstaltungen und lassen sich vorkauen, was hip ist und was nicht."
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Otti:
Vor kurzem ist das dritte EwiG-Album Der Herbst des Einsamen - Eine Dekomposition der Lyrik Georg Trakls erschienen, ein ungewöhnliches Werk in einer Zeit, wo Tanzbarkeit und kommerzielle Ausrichtung selbst die Musik unserer Subkultur prägen. Was hat dich dazu bewogen dieses Experiment zu wagen? Und wie ist die bisherige Resonanz seitens der Audienz?
Alexander:
"Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass selbst in einer Subkultur wie der Schwarzen Szene kaum eine Band mehr Experimente wagt oder neue Wege geht. Es scheint vieles nur noch darauf ausgerichtet zu sein, die Leute zwanglos dazu zu animieren, zu tanzen und die Inhalte reichen über ausgelutschte Plattitüden und billige Schockeffekte oft nicht hinaus - dafür sitzt das Styling umso perfekter. Mir fehlt meist der künstlerische Geist in der Musik und dabei sollte man doch meinen, dass dieser gerade in der Gothic-Szene stärker ausgeprägt wäre als in anderen Kulturen. Vielleicht täusche ich mich auch, bin zu voreingenommen und sehe zu oft die Negativbeispiele, aber irgendwie habe ich den Eindruck, dass die Szene sehr verflacht ist. Wie dem auch sei... ich möchte etwas mit Tiefe und Gehalt zu kreieren, da ich genau solche Musik auch selbst am liebsten höre - auch wenn das bedeutet, dass mir der große Durchbruch versagt bleibt. Die Idee einer Trakl-Vertonung hat mich schon lange begleitet und im letzten Winter schien die Zeit endlich reif, es anzupacken. Die Reaktionen waren bislang überwiegend sehr gut und respektvoll, was mich sehr gefreut hat, da das Album ja mit vielen Konventionen bricht und polarisiert. Hier und da gab es auch Hörer, die nichts damit anfangen konnten oder zumindest einzelne Details anders erwartet hätten, aber das ist okay. Ich hatte Schlimmeres befürchtet und fühle mich sehr bestärkt in meinem Weg."
Otti:
Du hast das Album, wie bisher alles von Eden weint im Grab, alleine und selbst im Studio eingespielt. Wie schaffst Du es, dabei noch den Überblick zu halten, wo bist Du an Grenzen gestoßen?
Alexander:
"Ich finde es sogar einfacher, den Überblick zu behalten, wenn ich alles selbst mache, da ich meist schon im Kopf habe, wie das Ergebnis werden soll und es so sehr zielstrebig umsetzen kann. Außerdem arbeitet man schneller und effektiver, wenn man keine Diskussionen führen oder Kompromisse eingehen muss. Ich habe meine musikalischen Grenzen, das ist ganz klar, denn ich bin kein Wundermusiker. Aber dadurch präge ich wiederum die Musik von Eden weint im Grab und habe zu meinem eigenen Stil gefunden. Ich versuche halt einfach, das Beste aus meinen Möglichkeiten zu machen und habe glücklicherweise selten das Gefühl, an meine Grenzen zu kommen - und wenn doch, helfen Pausen ungemein ;-)"
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Otti:
Sämtliche Stücke auf Der Herbst des Einsamen variieren stark in der musikalischen Umsetzung, transportieren mit unterschiedlichsten Klängen und Melodien entsprechend passende Stimmungen zum jeweiligen Text. Dennoch klingt das Album nicht zerfahren sondern in sich stimmig - wie schwer fiel es dir, hier einen Konsens zu finden?
Alexander:
"Ehrlich gesagt: keine Ahnung. Ich musste lange über die Frage nachdenken und kann sie nicht wirklich beantworten, da ich einfach meiner Intuition gefolgt bin. Ich habe die Stücke meist recht spontan kreiert und dann an den Passagen weiter gearbeitet, die sich richtig angefühlt haben. Wenn sich etwas nicht gut anfühlt, packe ich es früher oder später zur Seite. Oft hilft es, sich Songs mit etwas Abstand noch mal anzuhören und dann wieder die Perspektive eines Außenstehenden einzunehmen. So entstehen bei mir eigentlich alle Alben, aber das hat nichts mit einer Konsenssuche zu tun. Und ob etwas stimmig ist oder nicht, empfindet ja auch jeder anders. Ich versuche einfach, es mir selbst recht zu machen - vielleicht habe ich einfach das Glück, dass ich selbst ein anspruchsvoller Hörer bin!?"
Otti:
Schaut man sich Georg Trakls Biografie an, könnte man meinen, es handelte sich einfach um einen von Drogen zerfressenen Psychopathen, dennoch hat seine Lyrik schon zu Lebzeiten große Beachtung gefunden. Ist bzw war er ein Beweis für die oftmals propagierte These, Genie und Wahnsinn lägen nah beieinander?
Alexander:
"So wirklich viel Aufmerksamkeit erhielt Trakl während seiner Lebzeiten gar nicht - das meiste seiner Lyrik erreichte erst nach seinem Tod das Publikum und ich glaube ernsthaften Ruhm konnte er gar nicht auskosten. Ob Trakl ein von ´Drogen zerfressener Psychopath´ war, möchte ich mir nicht anmaßen zu beurteilen. Sicherlich sind einige Drogengeschichten aus seiner Biographie überliefert und es ist bekannt, dass er kein einfaches Leben hatte, aber es ist unfair, einen Menschen anhand solcher Fakten in eine Schublade einzuordnen, wenn man ihn gar nicht kannte. So sollten wir uns lieber auf die Lyrik an sich konzentrieren, denn ich denke, damit sagt er mehr über sich und seine Zerrissenheit aus als es ein paar biographische Fakten tun. Grundsätzlich mag es aber schon sein, dass Genie und Wahnsinn nahe beieinander liegen, denn es gehört eine gewisse Kompromisslosigkeit dazu und die Bereitschaft sich von engen Konventionen zu lösen, wenn man große Kunst erschaffen will. Ich würde das aber nicht als Wahnsinn abstempeln, sondern es als eine positive Eigenschaft sehen, wenn jemand die Dinge weiter treibt - besonders, wenn es so weit geht, dass es vermeintlich normale Menschen nicht mehr verstehen und die Hände über dem Kopf zusammen schlagen. Genau das ist bei Trakls Lyrik ja oft der Fall."
Otti:
Was ist dein persönliches Lieblingsgedicht dieses Lyrikers?
Alexander:
"Alle Gedichte auf ´Der Herbst des Einsamen´ gefallen mir sehr gut und ich habe eine tiefere Bindung dazu gewonnen - auch darüber hinaus finde ich fast alle seine Texte sehr reizvoll. Von daher möchte ich keinen über alle anderen stellen."
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Otti:
Du sagst selbst, manche seiner Texte seien dir ein Rätsel, hast zudem ein Literatur-Studium absolviert. Was sind für dich die Eckpfeiler guter Dichtkunst?
Alexander:
"Sprachmagie, würde ich sagen. Man liest ein Gedicht und es berührt, fesselt oder fasziniert einen sofort, weil der Autor mit der Sprache zaubert - das finde ich am wichtigsten. Dabei ist der Inhalt ebenso wie die Form zweitrangig. Ein Dichter muss ein Magier der Worte sein und das gedruckte Gedicht in sich ein Kunstwerk. Dem gegenüber ist bloße Befindlichkeitslyrik, die viele Menschen zur Verarbeitung persönlicher Krisen verfassen, für mich keine gute Dichtkunst, wenngleich sie natürlich auch ihren Sinn und Zweck hat. Aber man sollte sie besser nicht veröffentlichen."
Otti:
Neben der Musik betätigst Du dich auch als Autor, und hast mit "Trümmerpfad zur Transzendenz" in diesem Jahr auch dein Buch-Debüt hingelegt. In den Texten, die ich aus einer Lesung kenne, konnte ich eine ausgeprägte Metaphorik erkennen, die zumeist ernste, aktuelle Themen beschreibt. Liegt dir die Versinnbildlichung näher als direkte Worte?
Alexander:
"Bei der angesprochenen Lesung auf dem Gothfair-Festival habe ich nur Texte ausgewählt, die - passend zum Thema der Veranstaltung - einen Bezug zum Thema Veganismus haben oder in irgendeiner Form gesellschaftskritisch sind. Darüber hinaus ist aber nicht alles, was ich schreibe, unbedingt aktuell oder ernst. Ernst zwar meistens, hin und wieder aber auch durchaus humoristisch und ironisch, aktuell hingegen sogar selten, da ich mich meistens in entlegene Gebiete der menschlichen Existenz wage. Aber generell stimme ich der Annahme in der Frage zu. Ich finde es interessanter, Inhalte metaphorisch zu verpacken als direkt auf den Punkt zu kommen. Das hat mich vielleicht schon ein paar Leser oder auch Hörer gekostet, weil viele Menschen mit solch abstrakten Texten oft nichts anfangen können und es lieber haben, wenn ihnen direkt jemand aus der Seele spricht. Aber was soll´s, ich kann eben nicht aus meiner Haut. Jedoch lässt sich das in meinen Texten nicht wirklich verallgemeinern, denn es ist eher eine Tendenz, keine Regel, und es gibt immer wieder Ausnahmen."
Otti:
Worin liegen für dich die Vor- und Nachteile der Kunstformen Musik und Literatur?
Alexander:
"Keine Ahnung. Ich denke diesbezüglich nicht in Kategorien von Vor- und Nachteilen, da sie für mich beide eine Möglichkeit sind, mich auszudrücken und kreativ etwas zu erschaffen. Beide sind großartig und ein wichtiger Teil meines Lebens."
Otti:
Persönlich kennengelernt haben wir beide uns letztens auf dem GothFair-Festival in Mannheim, wo Du sowohl eine Lesung gegeben hast, als auch mit Eden weint im Grab aufgetreten bist. Wie ist dir dieser Abend in Erinnerung geblieben?
Alexander:
"Mir ist vor allem positiv in Erinnerung geblieben, dass eine Gruppe idealistisch eingestellter Menschen versucht hat, etwas zu ändern und die Mitmenschen zum Nachdenken anzuregen, indem sie im Rahmen eines Gothic-Konzertes über Veganismus, Massentierhaltung und Fair Trade informiert haben. Genau dieses Bewusstsein fehlt mir in der Szene leider immer öfter, da diese immer mehr zu einer inhaltslosen ´Sehen-und-gesehen-werden´-Veranstaltung ohne idealistische Motive und Werte verkommt. Leider hätte der Anklang größer sein können und am Ende haben die Veranstalter gerade aufgrund ihres Idealismus viel Geld verloren - das finde ich traurig. Aber irgendwie scheint es symptomatisch, denn viele Grufties gehen lieber zu einer der kommerziellen Großveranstaltungen und lassen sich vorkauen, was hip ist und was nicht, und verhalten sich damit nicht anders als der Mainstream."
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"Die Idee einer Trakl-Vertonung hat mich schon lange begleitet und im letzten Winter schien die Zeit endlich reif, es anzupacken."
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Otti:
Als bekennender und aktiver Veganer und Tierschützer eckst Du sicher auch manchmal an. Was war dein bisher heftigster Konflikt mit jemandem, der deine Einstellung nicht teilen konnte oder wollte?
Alexander:
"Aktiver Tierschützer bin ich zwar nicht - nicht im Sinne eines Aktivisten - ich versuche aber durch mein künstlerisches Schaffen Aufmerksamkeit auf dieses Thema zu lenken, ohne dabei als Prediger aufzutreten. Denn jeder muss seinen eigenen Weg gehen. Gerade bei Transit Poetry haben wir den Veganismus ja etwas weiter in den Fokus gerückt. Bei EwiG passt es textlich nur bedingt ins Konzept, aber ich rede in Interviews dennoch gerne darüber ;-) Für mich hat Veganismus etwas mit einer Geisteshaltung zu tun. Deswegen kann man Menschen nicht dazu überreden - sie müssen selbst zu dieser Form von Bewusstsein kommen. Es lassen sich zwar Informationen und Anreize geben, aber wenn bei einem Menschen die Empathie nicht sonderlich stark ausgeprägt ist oder er der Meinung ist, dass Tiere zum Essen da sind und keine gleichwertigen Teile der Schöpfung, bringt alles Reden nichts. Das habe ich über die Jahre akzeptiert und deswegen halten sich die Konflikte in Grenzen, da ich allen Menschen mit Respekt begegne und im Zweifelsfall auch schnell meine Klappe halte. Man merkt meist recht schnell, ob eine gemeinsame Basis da ist, sodass ein Austausch etwas bringt, oder eben nicht. Ich für meinen Teil vertrete die Ansicht, dass diese Welt eine bessere wäre, wenn die Menschheit den Verzehr und Konsum tierischer Produkte stark zurückschrauben oder gar unterlassen würde. Zum einen könnte ich mir nicht vorstellen, dass vegane Gesellschaften noch Kriege führen würden und sich gegenseitig ausbeuten würden, da ihr Mitgefühl sehr viel stärker ausgeprägt ist. Zum anderen hätte es auch für den Welthunger und das ökologische Gleichgewicht positive Folgen, wenn jeder nur ein wenig unegoistischer wäre, schließlich bedeutet Veganismus keinen Verzicht, sondern eine Ernährungsumstellung und das Ersetzen von Zutaten. Und je mehr Menschen mitmachen, desto mehr würde sich auch die Industrie darauf einstellen und desto einfacher wäre diese Lebeweise wiederum für den Einzelnen. Das Thema ist sehr weitreichend und ich kann jedem Interessierten nur empfehlen, sich einmal unvoreingenommen mit Büchern wie ´Ernährung für ein neues Jahrtausend´ zu beschäftigen, da der Veganismus in der Gesellschaft nach wie vor mit vielen falschen Vorstellungen verbunden ist."
Otti:
Ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass Du dich auch sonst für Politik interessierst. Mit welchen Gefühlen und Gedanken hast Du die Wahlen und den Regierungswechsel wahrgenommen? Wohin wird sich unser Land in den nächsten vier Jahren entwickeln?
Alexander:
"Ja, ich interessiere mich für Politik und habe lange zwischen der Tierschutzpartei und der Linkspartei geschwankt, am Ende aber den Linken meine Stimme gegeben, da ich sonst das Gefühl hätte, dass sie verloren gegangen wäre. Und prompt hat in ´meinem´ Wahlkreis in Berlin-Pankow die Linkspartei mit Erst und Zweitstimme gewonnen. Das hat mich gefreut. Auf Bundesebene ist Schwarz-Gelb natürlich für alle alternativ eingestellten Menschen eine große Enttäuschung, weil diese Parteien für eine konservative, kapitalistische, meist rein wirtschaftlich orientierte Politik stehen, die ich nicht gerade begrüße - allerdings habe ich das Gefühl, dass sich so oder so kaum etwas ändern würde, da die Politik insgesamt zu einem reinen Selbstzweck verkommen ist und es allzu oft gar nicht mehr darum geht, etwas für das Volk zu tun, sondern die eigenen Interessen und die der Mächtigen und Reichen zu vertreten. Meiner Meinung nach wäre eine friedliche Revolution dringend nötig - aber diese muss zuerst im Geist stattfinden und das wird wohl noch ein paar Jahre dauern. Erst wenn der übertriebene Egoismus in den Köpfen der Menschen ausradiert ist, wäre es möglich, ein wirklich gerechtes System zu etablieren. Ich hoffe, ich werde das zu Lebzeiten noch erleben, denn ich habe das Gefühl, dass sich auf spiritueller Ebene gerade viel bewegt. Und jeder kann bei sich anfangen."
Otti:
Während ich gerade diese Fragen erarbeite beherrscht auch der Selbstmord des Nationaltorhüters Robert Enke die Medien. Inwiefern nimmst Du solche Schlagzeilen wahr?
Alexander:
"Das hat mich sehr berührt und einige Tage sehr intensiv beschäftigt - wie viele Menschen in diesem Land, denke ich. Dieser Tod erscheint so unsinnig, wenn man sich überlegt, dass Robert Enke ein paar Tage später vielleicht schon wieder viel mehr Licht gesehen hätte, wenn er nur die Kraft gefunden hätte, durchzuhalten. Wie verzweifelt muss ein Mensch sein, der Frau und Kind zurücklässt und dem rein objektiv die ganze Welt offen stand? Aber es ist symptomatisch für unsere Gesellschaft, die sich mehr über Leistung, Erfolge und Geld definiert als über Werte der Menschlichkeit, dass viele Menschen daran zerbrechen. Ich glaube, es ist kein Zufall, dass die Depression immer mehr zur Volkskrankheit Nummer 1 wird. Aber es gibt viele namenlose Opfer da draußen, von denen wir nie erfahren. Von daher sollte der Tod dieses bekannten Menschen zumindest ein Gutes haben und uns wieder zur Einkehr und zur Besinnung auf die wesentlichen Werte drängen und uns dazu aufrufen, mehr auf unsere Mitmenschen zu achten. Im übrigen wundert es mich, dass in der massiven Medienberichterstattung kaum jemand vom Zugführer sprach, der wohlmöglich sein ganzes Leben lang unter diesem Selbstmord leiden wird."
Otti:
Um meinen und den Horizont unserer Leser zu erwarten, gib mir doch mal bitte je einen Geheimtipp für ein gutes Buch, einen guten Film und eine gute Band, mit kurzer Begründung.
Alexander:
"Mein Buchtipp ist ´Unser ausgebrannter Planet´ von Thom Hartmann, der darin Spiritualität und Ökologie verbindet und uns zum einen den Spiegel vorhält, was die moderne Gesellschaft auf diesem Planeten angerichtet hat, uns zum anderen aber auch Wege aufzeigt, wie wir zu einer Einheit mit der Natur zurückfinden können, um uns und den Planeten zu ´retten´. Ich finde, dass jeder verantwortungsbewusste Erdenbürger dieses Buch lesen sollte. In puncto Bücher könnte ich die Liste lange fortführen, bei Bands und Filmen tue ich mir wesentlich schwerer. Filme sehe ich kaum an und bin nicht sehr bewandert in diesem Metier, von daher überspringe ich den Filmtipp besser mal. Interessante neue Bands entdecke ich ehrlich gesagt auch immer seltener. Von daher empfehle ich an dieser Stelle all jenen, die sie nicht kennen, meine Alltime-Faves Ulver, die in ihrer Laufbahn u.a. schon Black-Metal, Folklore, Filmmusik, Industrial, Ambient und Chillout-Music fabriziert haben - eine der wenigen Bands, die ich immer hören kann."
Otti:
Und um dieses Interview mit einem Lächeln ausklingen zu lassen, hast Du einen Witz oder eine Anekdote parat, die dich in letzter Zeit zum Lachen oder Schmunzeln gebracht hat?
Alexander:
"Witze merke ich mir unglücklicherweise nie, von daher kann ich damit leider immer im entsprechenden Moment nicht dienen. Zum Lächeln bringt mich immer wieder, dass es da draußen nach wie vor Leute gibt, die ´Eden Weint Am Grab´ statt ´Eden weint im Grab´ schreiben - als würde die Abkürzung ´Ewag´ irgendeinen Sinn ergeben. Man scheint viele Menschen schon mit einem etwas längeren, unkonventionelleren Namen zu überfordern. Darüber muss ich im Zusammenhang mit EwiG immer mal wieder lächeln..."
Website: www.edenweintimgrab.de
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