Eines wird man Theatre Of Tragedy niemals nehmen können: Sie waren stilprägend für das, was man heute Gothic Metal nennt, und auch für gewisse Ausrichtungen des modernen Gothic Rock haben sie Grundlagen geschaffen. In den 90ern gehörten die Skandinavier zu den großen Acts der Szene und haben mit Liv Kristine eine Frontfrau etabliert, die auch nach ihrem Ausstieg bei TOT noch Solo, als Sängern bei Leaves´ Eyes und mit diversen anderen, musikalischen Aktivitäten ihre Fans begeistern konnte. Das alles ist Geschichte, denn 2010 hat die Band - längst mit neuer Fronterin Nell Sigland unterwegs - sich endgültig aufgelöst.
Den vielleicht entscheidenden Wendepunkt in der Geschichte von Theatre Of Tragedy gab es aber anscheinend zehn Jahre zuvor mit der Veröffentlichung von Musique. Lustigerweise war das zu einer Zeit, in der ich mich mit der Band so gut wie gar nicht beschäftigt habe, weswegen die Platte seinerzeit unbemerkt an mir vorbei ging. Vorher habe ich die Gruppe z.B. mit ihrem Glanzalbum Velvet Darkness They Fear (1996) abgefeiert, und nachdem ich um 2005 meine musikjournalistischen Tätigkeiten aufnahm, kam mir im Jahr 2006 Storm gerade recht, um mich nach dem Sängerinnen-Wechsel davon zu überzeugen, dass selbiger zumindest für mich nicht zu einem Totalreinfall führte.
Alles dazwischen ist aber maximal am Rande auf meinem Radar erschienen, daher höre ich Musique nun zum ersten Mal. Anlass ist die Wiederauflage des lange vergriffenen Werkes, anlässlich seines 20. Geburtstags. Und ich muss sagen: Ich kann verstehen, warum Musique in seiner Urform offenbar nicht gerade auf Begeisterungsstürme seitens Fans und Kritik gestoßen ist. Mit wenigen Ausnahmen - z.B. dem Opener Machine sind die Songs eher fade und belanglos. Die Norweger haben sich mit Musique von jenem Metal gelöst, der sie so ausgezeichnet hat (zum Glück aber später zumindest wieder abgewandelt eine Rolle spielte) und haben vielmehr eine Art Dark-Electro-Gothpop fabriziert, dem es irgendwie an Grip mangelt. Dass man damit weder in der Gothic- nach in der Metalszene all zu viele Leute mitreißen konnte, ist absolut nachvollziehbar.
Nun ist aber das Musique von damals keinesfalls das Musique von heute. Die Neuauflage nennt sich "20th Anniversary Edition" und bietet neben dem remasterten Original noch eine Bonus-CD, mit zum Teil unveröffentlichten Tracks und abgewandelten Varianten bestehender Stücke. Und tatsächlich finden sich hier die besseren Versionen, die zeigen, welches Potential in manchem der Titel tatsächlich steckt.
So macht diese Neuauflage aus dem seltsamen Experiment von damals noch immer kein Meisterwerk, bietet aber durch die Bonus-CD einen echten Mehrwert und hat somit eine Daseinsberechtigung. Musique (20th Anniversary Edition) richtet sich in meinen Augen vor allem an jene Fans, die Theatre Of Tragedy stets die Stange gehalten haben (insbesondere zu Liv-Zeiten), und die sich jetzt über ein neues Piece für die entsprechende Sammlung freuen.
Trackliste
CD 1
01. Machine
02. City Of Light
03. Fragment
04. Musique
05. Commute
06. Radio
07. Image
08. Crash/Concrete
09. Retrospect
10. Reverie
11. Space Age
12. Image (French Version)
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CD 2
01. Fragment
02. Machine
03. City Of Light
04. Reverie
05. Radio
06. Commute
07. Retrospect
08. Quirk
09. Crash/Concrete
10. The New Man
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Veröffentlichung: 04.12.2020
Stil: Gothic/Wave/Metal
Label: AFM Records
Website: www.theatreoftragedy.com
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