Manchmal lernt man durch auf den ersten Blick ungewöhnlich anmutende Kooperationen, dass so manches oberflächliche Urteil über jemanden viel zu vorschnell getroffen wurde. So kann hinter einem Arzt aus der Sachsenklinik der ARD-Serie "In Aller Freundschaft" weit mehr stecken, als man jemals vermuten würde. Genau das ist bei Schauspieler und Sprecher Johannes Steck der Fall, dessen Gesicht die meisten aus seinem zahlreichen Fernsehrollen kennen werden. Andere hingegen kennen von Johannes Steck in erster Linie seine vielseitige Stimme, mit denen er unzähligen Hörbüchern zum Erfolg verholfen hat. Ganz besonders erfolgreich war dabei seine Hörbuch-Version des Markus-Heitz-Fantasy-Epos "Die Zwerge". Vier Bände voller Abenteuer liest Johannes Steck nicht nur vor, sondern erzählt uns mit Liebe zum Detail vom Schicksal Tungdils, des Zwergen und des Geborgenen Landes. Nun soll diese wunderbare Geschichte auch live das Publikum in seinen Bann ziehen und so wird Johannes Steck mit musikalischer Unterstützung von den Königen der Spielleute, Corvus Corax im Februar 2010 in Münchener Theaterzelt "Das Schloss" "Die Zwerge" - Live präsentieren. Aus diesem Grund hat mir das Vergnügen oblegen in einem Interview mehr über Johannes Steck, seine Hörbücher und "Die Zwerge" - Live zu erfahren.
Nic:
Wenn man ihre Vita liest, dann scheint Sie von Beginn an eine magische Kraft zum Theater und zur Schauspielerei gezogen haben. Wann kam Ihnen zum ersten Mal der Gedanke, dass ein "normaler" 8:00 - 16:00 Uhr Bürojob nicht die Erfüllung für Sie sein wird?
Johannes:
Ich hasse Arbeit und verfüge über einen enormen Spieltrieb. Schon meine Mutter hat immer gesagt, dein Bruder wird was mit Zahlen machen und du wirst Künstler. Fand ich damals schon gut.
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Johannes Steck im Studio
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Nic:
Trotzdem wurden ja alle Schritte auf ein solides Fundament gebaut: erst kam die Ausbildung zum Theatermaler und dann die Schauspielschule in Wien. Was würden Sie jungen Menschen raten, die heutzutage Schauspieler werden wollen? Zu wie viel Prozent ist Schauspielerei Ausbildung und zu wie viel Prozent Talent?
Johannes:
Ich würde ihnen immer raten, lern erst mal was ordentliches, also werd Schauspieler und dann kannst du immer noch machen was du willst, und sei es Steuerberater.
Da ist schon viel Handwerk dabei, der Körper oder in meinem Fall die Stimme und Sprache sind ja Instrumente und die müssen beweglich bleiben.
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Nic:
Sie arbeiten ja schon seit langer Zeit auch immer als Sprecher - sei es für Werbespots, für Dokumentationen oder eben Hörbücher. Wie schwierig ist es, gerade im Hinblick auf die Hörbücher, wenn man als Schauspieler der Mimik und Gestik "beraubt" wird und sich vollends auf die Stimme verlassen muss?
Johannes:
Niemand fesselt mich an einen Stuhl, wenn ich spreche. Ich arbeite viel körperlich, jede Figur hat einen Körper auch wenn man am Schluss nur eine Stimme hört. Aber ohne eine Körperlichkeit wäre die Stimme seelenlos. Und nur mit der Stimme einen Menschen plastisch zu formen hat einen großen Reiz.
Nic:
Sie haben ja sehr lange eine Hauptrolle in der ARD-Serie "In Aller Freundschaft" gespielt und waren dadurch mit ihrem Gesicht dauerhaft auf den deutschen Fernsehern präsent. Das hat ja im Regelfall zur Folge, dass man auf der Strasse immerzu erkannt wird. Hat man Sie auch einmal "nur" an Ihrer Stimme erkannt?
Johannes:
Ja, tatsächlich einmal. Auf der Strasse war ich gerade mit einem Freund im Gespräch und da sprach mich jemand an, er würde sich so freuen mich endlich mal zu sehen. Und es stellte sich heraus, dass er mich tatsächlich an der Stimme aus einem Hörbuch erkannt hat. Das fand ich schon geil.
Nic:
Welches Kompliment bekommen Sie als Mann lieber: eines über ihr Aussehen und bezüglich ihrer Stimme?
Johannes:
Immer das was man weniger bekommt.
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Nic:
Wie kommt man dazu Hörbuchsprecher zu werden?
Johannes:
Ich liebe es, Geschichten zu erzählen. Ob wie früher, mit dem Pinsel oder wie jetzt mit Hörbüchern, oder wie bald, auf der Bühne als Teil eines Ensembles, nämlich von Corvus Corax. Und ich lese wirklich wahnsinnig gern vor.
Nic:
Wenn ein Buch als Hörbuch erscheinen soll, wie oft liest man das Buch dann selbst, bevor man mit den eigentlichen Aufnahmen beginnt?
Johannes:
Ich lese es höchstens einmal, meist auch nur die ersten zwei Drittel und spare mir den Rest für die Aufnahme damit Spannung erhalten bleibt, ich wacher bleibe. Aber ich brauche dafür einen wahnsinnig gut vorbereiteten Regisseur, der mich quasi an die Hand nimmt und führt. Mir sagt, wann ich die Spannung aufbaue und mit ihm spreche ich natürlich vorher die Charaktere durch.
Nic:
Wie entwickelt man die Stimmfarben der einzelnen Figuren? Hat man die beim ersten eigenen Lesen sofort im Kopf oder steckt da Arbeit und Methodik dahinter?
Johannes:
Wenn man in der Geschichte ist, habe ich meist sofort eine Körperlichkeit für die Figur und dadurch entsteht die Stimme.
Nic:
Als Ihnen die Aufnahmen zu "Die Zwerge" angetragen wurden, waren Sie da bereits mit dem Stoff vertraut oder waren Markus Heitz´s "Die Zwerge" noch Neuland?
Johannes:
Die Zwerge war meine erste Berührung mit Fantasy. Ich hatte als Jugendlicher Herr der Ringe verschlungen, aber sonst kaum was. Die Brautprinzessin, das war´s.
"Nur mit der Stimme einen Menschen plastisch zu formen hat einen großen Reiz."
Nic:
Sie haben ja eigene Kinder - lesen Sie denen auch vor und wenn ja, glauben sie dass solche Momente einen ganz besonderen Wert in der Erziehung und dem Kind-Eltern-Verhältnis haben?
Johannes:
Jede Zuwendung ist wichtig, und es passiert oft dass ich nach einem Tag im Studio trotzdem von den Kleinen gezwungen werde zu erzählen. Ich lese weniger meinen Kindern vor, als dass ich ihnen frei erfundene Geschichten erzähle.
Nic:
Hören Sie selbst Hörbücher oder bevorzugen Sie es die Bücher selbst zu lesen? Wenn Sie Hörbücher hören: Können Sie dabei abschalten und wirklich in der Erzählung versinken oder ist man immer mit halbem Ohr als Profi dabei und bewertet?
Johannes:
Wenn eine Geschichte gut ist und gut gesprochen dann vergesse ich total alles und bin nur drin. Aber wenn es ein nerviger, oder schlechter Sprecher ist, der nicht weiß was er sagt, schlecht vorbereitet ist oder einfach scheisse, dann mache ich ganz schnell aus. Und ich lese mehr als dass ich höre, das liegt aber daran dass ich den ganzen Tag viel hören und sehen muss, beruflich und da tut mir Stille sehr gut.
Nic:
Fordern einem Hörbücher, die aus dem Fantasy-Bereich stammen mit ihrem Figurenreichtum anderes ab als z.B. Romane von Edgar Wallace?
Johannes:
Jedes Genre hat seinen Reiz, wenn ich drei Fantasy Hörbücher gesprochen habe dann freue ich mich auf einen Krimi, oder einen Sachtext, die können auch eine große Herausforderung sein.
Nic:
In Ihrem Repertoire finden sich mit Wolfgang Hohlbein, Markus Heitz, Michael Peinkofer und der Black Dagger-Reihe etliche Hörbücher, die weitestgehend dem Fantasy-Genre zuzuordnen sind. Haben Sie eine Vorliebe für solche Erzählungen?
Johannes:
Nach die Zwerge wurde ich immer mehr für Fantasy gebucht. Eine Vorliebe habe ich für gute Geschichten, in welchem Genre ist mir egal.
Nic:
Welche Traumrollen gibt es für Sie als Schauspieler und welches Traumbuch/Buchreihe als Sprecher und wodurch zeichnen sich diese in ihren Augen aus und werden zur Traumrolle/zum Traumbuch?
Johannes:
An Rollen bin ich nicht festgelegt, es muss nur nicht unbedingt wieder ein Arzt sein. Hauptsache: geile Rolle in gutem Drehbuch!
Nic:
Wie ist es zu der Idee gekommen "Die Zwerge" auch live aufzuführen und wie kam die Zusammenarbeit mit Corvus Corax zustande?
Johannes:
Ich habe die Idee vor gut einem Jahr zusammen mit Lutz Schäfer, meinem Haushörbuchregisseur entwickelt, dann Markus davon erzählt und schließlich mit Corvus Corax den Kontakt aufgenommen.
Nic:
Worin liegt die besondere Herausforderung, aber auch Spannung in solch einer Live-Performance, die ja doch über eine eigentliche Lesung hinausgeht?
Johannes:
Also, eine reine Lesung wäre langweilig. Ich spiele die Figuren teils, schlüpfe also auch körperlich in sie, teils lese ich, teils bin ich eine Art Moderator. Die Spannung liegt für mich und uns alle natürlich, die Geschichte so spannend wie möglich zu erzählen.
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Alexander May und Castus
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Nic:
Ist man vor solch neuen Projekten nervöser als vor anderen Live-Auftritten, wie z.B. im Theater?
Johannes:
Das sag ich ihnen nach der Premiere, aber ich habe tatsächlich immer einen totalen Spass daran anderen Geschichten zu erzählen, von daher bin ich wahrscheinlich gar nicht so aufgeregt. Und ich muss sehr genau sein im Zusammenspiel mit der Musik. Wer übernimmt wann.
Nic:
Was genau kann das Publikum bei "Die Zwerge Live" erwarten? Eine vollständige Buchlesung ist ja im Rahmen eines Abendprogramms unmöglich, immerhin umfasst das Hörbuch zum ersten Teil der "Zwerge"-Reihe ja schon 11 CDs.
Johannes:
Alexander May und ich haben die Geschichte auf 120 Minuten, inklusive der Songs von Corvus Corax gekürzt. Wir mussten ganze Handlungsstränge rauskloppen, manche Figuren rausschmeissen, denn es musste ja spannend werden. Und wenn ich immer nur sage: Ich war in Urlaub, war schön, war dann bei Arbeit, war doof, fuhr in Urlaub, war schön usw. wäre es totlangweilig. Wichtig ist eine Genauigkeit in den Szenen und eine Liebe für die Szenen, die man erzählt.
Nic:
Corvus Corax ist ja als Band schon seit 20 Jahren sehr erfolgreich und dennoch ist die Musik der "Könige der Spielleute" ja nicht unbedingt im Mainstream anzuordnen. Mögen Sie privat solche Musik und gibt es andere Bands aus diesem Genre, die Ihnen gefallen?
Johannes:
Seit ich sie kenne und auch die Hintergründe von Songs wie "Die Klage", eigentlich ein Brief des gefangenen König Artus kenne, dann verliebt man sich automatisch. Mein Vierjähriger Sohn liebt die Musik schon von Kaltenberg her und ich bewundere die Kreativität, Virtuosität, Begeisterung und Echtheit der Band. Die sind genau so wie das, was sie verkaufen. Da ist kein Kalkül. Großartige Musiker und bewunderns- und liebenswerte Zeitgenossen.
Nic:
Durch den enormen Erfolg solcher Bücher und Verfilmungen wie Tolkien`s "Herr der Ringe" hat der Fantasy-Bereich in den letzten Jahren enormen Zulauf an Fans. Das Internet ist voll davon, es werden Computerspiele en masse in diesem Genre produziert und in den Wäldern und auf den Feldern treiben sich LARPer herum, die Ihre "Das Schwarze Auge"-Abenteuer auch live erleben wollen. Woher glauben Sie kommt diese Sehnsucht nach solchen Geschichten, die oft auch mit einer Romantisierung des Mittelalters anheim geht?
Johannes:
Genau aus der zu technisierten nicht mehr nachvollziehbaren Welt. Auf Conventions sind ja auch viel Bürohengste die hier ihrem Leben einen Gegenpol setzen können. Und diese archaische Welt ist klar, gut böse hell dunkel. Und wahnsinnig fantasiereich.
Nic:
Haben Sie selbst schon einmal einen Mittelaltermarkt oder eine Fantasy-Convention, wie z.B. die Ring*Con besucht?
Johannes:
Klar, jedes Jahr zweimal Kaltenberg
Nic:
Wenn Sie als Schauspieler für eine solche Verfilmung ausgesucht würden, wäre Tungdil, der Zwerg ja nicht unbedingt eine Rolle, die ob Ihrer Statur passend wäre. Wen würden Sie stattdessen gern spielen?
Johannes:
Ich träume davon den eitlen Schauspieler Rodario zu spielen, der ist nach Boindil mein absoluter Liebling..
Nic:
In einem vorausgegangenen Interview mit Castus von Corvus Corax verriet uns dieser, dass es zu "Die Zwerge Live" auch eine CD geben wird. Was hat das Publikum davon zu erwarten?
Johannes:
Also, es gibt die CD tatsächlich ab dem 9. 2. 2010 zu kaufen, genau am Premierentag von unserem Live Epos Die Zwerge. Zur Zeit sitzen wir im Studio von Corvus Corax und mischen Sprache und Musik. Die Raben haben zum Teil eigens Songs geschrieben und unterstützen mich auch mit vielen musikalischen Effekten bei meiner Performance. Während ich dieses Interview gebe, geht die Arbeit langsam aber stetig weiter. Immer wieder verschwindet ein Musiker aus dem Aufnahmeraum und spielt seine Phrase.
Nic:
Nightshade - unser Magazin - befasst sich ja zum großen Teil auch mit dem Bereich Gothic, vorwiegend natürlich der Musik. Wie stehen Sie zu den schwarzen Seelen und wie würden Sie reagieren, wenn Ihre älteste Tochter schon in Bälde als bezaubernde Gothic-Fee die Strassen unsicher machen würde?
Johannes:
Na ja, wäre es besser wenn sie ein eitles magersüchtiges Modellpüpchen wäre? Ich habe vier Kinder und werde dann und in anderen Momenten tief durchatmen und versuchen gelassen zu bleiben. Und es steckt ja vieles dahinter. Gerade Gothics beschäftigen sich viel mit der Geschichte der Vergangenheit, unseren Spuren.
Nic:
Last, but not least: Gibt es etwas, was Sie schon immer mal öffentlich sagen wollten, aber bisher nie die Gelegenheit dazu hatten? Wenn dem so ist, dann ist das die Chance!
Johannes:
Eine saugemeine Gelegenheit, was Politisches? Wie kann ein Bankmanager der Milliarden vernichtet hat einen Bonus bekommen, und eine Angestellte wird fristlos gekündigt, weil sie vom Buffet eine Schnitte gegessen hat, Wie geht das?
Sportlich? BVB BVB BVB!
Kulturell? Die Zwerge live wird richtig geil und ich freue mich wahnsinnig darauf.
Nic:
Vielen, lieben Dank für die Zeit und Mühe unsere Fragen zu beantworten. Im Namen von Nightshade wünsche ich viel Glück für "Die Zwerge Live"!
Johannes:
Können wir gut gebrauchen, ich darf mich jetzt nicht bedanken, bringt Unheil, da bin ich total abergläubisch.
Alle Fotos von Andreas Richter (Copyright: Pica Music)
Webseiten:
www.johannes-steck.tv
www.corvuscorax.de
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