Boytronic sind zurück - und jetzt endgültig. Bandmitbegründer Holger Wobker hat das Ruder übernommen und mit dem talentierten und motivierten Sänger James Knights einen starken Partner an der Seite, um sein Synthprojekt wieder in die richtigen Fahrwasser zu lenken. Ein entscheidender Schritt hierfür ist das jüngst erschienene Album The Robot Treatment, welches wir zum Anlass nahmen, Holger mal mit ein paar Fragen zu Löchern. Ein separates Interview mit James, sowohl zu seiner Arbeit bei Boytronic, als auch zu seinem Soloprojekt, findet Ihr zudem hier: . Aber nun zu Holger!
Otti:
Zwei Jahre nach dem Quasi-Revival mit Jewel ist nun mit The Robot Treatment ein weiteres Boytronic-Album erschienen. Wie wichtig war es Dir, hier nicht wieder eine längere Pause aufkommen zu lassen, und was hat Dich in Bezug auf das neue Werk besonders motiviert?
Holger:
Wie du schon sagst war es ein "Quasi"-Revival. Ich hatte mit dem Jewel Album nichts zu tun. Es war auch eigentlich kein Boytronic Album sondern eher ein U96 Album mit James als Sänger. Damit will ich nicht etwa sagen das es schlecht war. Aber es wäre ehrlicher gewesen, es unter einem anderen Namen zu veröffentlichen.
Allerdings fühlte ich mich dadurch schon herausgefordert, so schnell wie möglich echtes Boytronic Material zu veräffentlichen. Ich wollte das nicht so stehen lassen.
"Der Song Bark ist meinem Lieblingsdackel gewidmet, es geht da um ihn."
Otti:
In meinen Ohren klingt The Robot Treatment schon sehr "back to the roots" und greift stark die Sounds der 80er auf. Ist das Absicht? Und wie nimmst Du das Album insgesamt selbst klanglich wahr?
Holger:
Absolut... ja. Boytronic hat einen eigenen Sound und es macht auch gar keinen Sinn, krampfhaft und bemüht modern klingen zu wollen. Wir machen das, was wir wollen und was uns selbst gefällt... love it or leave it. Warum sollten wir so klingen wie die anderen? Damit verlören wir jede Daseinsberechtigung.
Das neue Album ist ein Synth Pop Album... mit Betonung auf Pop... Es ist genau so geworden, wie wir es vorhatten, und es gefällt mir sehr gut.
Otti:
Welche technischen Möglichkeiten hast Du bei The Robot Treatment genutzt, die in den Anfangsjahren von Boytronic noch nicht zur Verfügung standen?
Holger:
Relativ wenig, außer, dass wir nicht mehr auf Band aufgenommen haben. Auf dem Album haben wir nur mit analogen Synths gearbeitet. Wir haben bewusst keine digitalen Plug-Ins benutzt, um es authentisch klingen zu lassen. Ich finde analoge Synths auch viel cooler.
Otti:
Das Album ist in Zusammenarbeit mit James Knights entstanden, der offenbar nun auch fester Sänger von Boytronic zu sein scheint. Welchen Einfluss hatte er auf die Songs, und wie teilt Ihr Euch die Arbeit auf?
Holger:
Im allgemeinen schreibe ich die Songs und die Texte und James programmiert und arrangiert, fügt seine Ideen hinzu und singt natürlich. Er ist in jeder Hinsicht ein großer Zugewinn. Wir haben auch fast denselben Musikgeschmack und sind uns deshalb meistens einig, wie was klingen soll, außerdem behält er immer den Überblick, was nicht unbedingt meine Stärke ist. Ich fühl mich ausgesprochen wohl mit ihm, und es macht eine Menge Spaß, mit ihm zu arbeiten.
Otti:
Von James wissen wir auch, dass Deine Dackel sich gerne mal in die Aufnahmen einbringen. Was möchtest Du uns dazu erzählen?
Holger:
Ich habe fast sämtliche Songs bei mir zuhause eingesungen. Da ich mit meinem Freund zusammen auch Dackel züchte, gibts hier natürlich eine Menge von denen, und manche singen gerne mit. Leider haben wir das manchmal erst gemerkt, als wir uns die fertige Gesangsspur angehört haben und mussten dann alles nochmal singen... Ich hab die Dackel dann weg gesperrt. Aber das fanden die nicht gut, mit dem Ergebnis das ich dann Protestheulen auf dem Track hatte... Ich hab dann nur noch nachts gesungen, wenn alle geschlafen haben.
Aber der Song Bark ist meinem Lieblingsdackel gewidmet, es geht da um ihn.
Otti:
Was waren für Dich die wichtigsten Schritte auf dem Weg von Jewel bis zur Fertigstellung von The Robot Treatment?
Holger:
Der wichtigste Schritt war, den Namen zurück zu bekommen, sonst gäbe es jetzt kein neues Album. Ich bin sehr froh darüber, dass es diesmal keine gerichtliche Auseinandersetzung gab und ich mich mit den anderen soweit einigen konnte, dass nicht kübelweise Dreck ausgeschüttet wurde und man sich immer noch in die Augen gucken kann. Alles andere, das Schreiben der Songs und das Aufnehmen, gingen dann ziemlich schnell und stressfrei vonstatten.
Otti:
Und was sind inhaltlich die wichtigsten Themen und Songs für Dich auf dem neuen Album?
Holger:
Ach es gibt soviel verschiedene Themen auf dem Album... Ich sitz auch nicht da und nehme mir vor, jetzt über ein bestimmtes Thema einen Song zu schreiben, das kommt dann von alleine. Es geht um.Hoffnung, schwulen Hedonismus, Transgender, Abhängigkeiten, Enttäuschung, Flucht und die Liebe natürlich. Ich fordere auch niemals auf, oder vertrete eine bestimmte Meinung, jedenfalls nicht in den Songs. Ich beobachte nur und erzähl dann was darüber.
Otti:
Welchen Stellenwert nimmt Boytronic heute in deinem Leben ein, und wieviel Zeit und Energie kannst und wilst Du dafür noch aufbringen?
Holger:
Im Moment einen hohen... Da wir jetzt super independent sind, also alles selbst machen, ist es ganz schön viel Arbeit. Aber im allgemeinen hat die Band nicht Priorität in meinem Leben. Hatte sie auch nie, da gibts wirklich Wichtigeres. Aber es macht nach wie vor Spaß.
Otti:
Wenn Du so auf die Anfänge zurück blickst, was war in den Anfangstagen von Boytronic schwieriger, und was einfacher, als es heute ist?
Holger:
Es war komplett anders, man kann das gar nicht vergleichen. Natürlich fällt es mir schwerer einen, gewissen Enthusiasmus aufzubringen, als mit 19. Und es fällt auch schwerer, hohe Noten zu singen, aber es geht nach wie vor. Ansonsten hat sich die Welt ja komplett verändert. Durch das Internet, Social Media usw... Und das eröffnet natürlich Möglichkeiten, die wir früher nicht hatten. Natürlich gibt es da auch eine Menge zu beklagen, aber das möchte ich jetzt nicht machen. Es ist wie es ist. Vor- und Nachteile halten sich noch in etwa die Waage.
"Alle Entscheidungen die ich getroffen habe, haben mich zu diesem Punkt in meinem Leben geführt."
Otti:
Betrachtet man die Historie von Boytronic, dann gab es viele Höhen und Tiefen, wobei besonders in den 90ern ein langes, dunkles Tal lag. Rückblickend betrachtend, was waren für Dich die emotionalsten Momente, die Du mit der der Band erlebt hast?
Holger:
Also für mich persönlich waren die 90er alles andere als ein langes dunkles Tal. Im Gegenteil, ich hatte eine menge Spaß. Ich hatte da ganz andere Interessen als Boytronic...
Es gab mit der Band derart viele emotionale Momente, im guten wie im schlechten... Das kann ich dir gar nicht beantworten. Vielleicht hab ich auch vieles schon vergessen. Das nennt man gesunde Verdrängung.
Otti:
Gibt es Entscheidungen, die Du bis heute bereust?
Holger:
Nein. Alle Entscheidungen die ich getroffen habe, haben mich zu diesem Punkt in meinem Leben geführt. Da ich ein zufriedener und ausgeglichener Mensch bin, war wohl alles richtig.
Otti:
Und auf der anderen Seite: Worauf bist Du so richtig stolz?
Holger:
Auf die Preise, die wir mit unseren Dackeln gewonnen haben.
Otti:
All diese Erfahrungen, die man im Leben mitnimmt, prägen einen natürlich immens. Verarbeitest Du da viel über Deine Musik? Und wenn ja, in welcher Form?
Holger:
Nein, ich denke nicht das man etwas verarbeiten kann, indem man einen Song schreibt. Dazu braucht man wohl mehr Zeit. Außerdem geht es in den neuen Songs nicht um derartig traurige Sachen, die man verarbeiten müsste. Es ist an sich ein ganz optimistisches Album. Es geht um Hedonismus, Selbstfindung und natürlich Liebe. You Can´t Get Fooled By Love z.B.ist ein uraltes Thema, das auch schon von Jürgen Markus besungen wurde. Bei ihm hieß es Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben... simpel, aber wahr.
Otti:
Das Ende des Jahres nähert sich langsam wieder, die Vorboten von Herbst und Winter klopfen an die Tür: Was magst Du an den kälteren Jahreszeiten?
Holger:
Gar nichts. Ich bin ein Sonnenkind. Ich finde vielleicht die ersten drei Wochen ganz gemütlich, aber dann verbringe ich doch meistens den Winter bei Freunden in Tel Aviv.
Otti:
Und was denkst Du allgemein darüber, dass alles irgendwann ein Ende haben muss?
Holger:
Das ist ein tröstlicher Gedanke finde ich. Alles hat seine Zeit, und die ist irgendwann vorbei... Wäre es nicht so, würde alles seinen Wert verlieren und das finde ich viel beunruhigender.
Website:
www.boytronic.com
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