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Interview (Musik)Blättern: Vorheriger Artikel | Nächster Artikel

Faun

Hier kommt mal wieder etwas aus der Reihe "The Lost Interviews"... Und dazu bedarf es wohl einer Erklärung. ;)
Es begab sich am 24.04.2008, als ich mich zum Konzert meiner lieben Freunde von Faun in die Bochumer Matrix begab, um dort ein paar Fotos zu schiessen und auch mal wieder ein Interview zu führen. Zu dieser Zeit war Sandra gerade frisch zur Band gestoßen, die Fußball-EM stand kurz bevor, und von der Weltwirtschaftskrise redete noch keiner.
Also begab ich mich mit Sandra und Niel in einen schönen Durchgang, weil dies der einzige Backstage-Bereich war, in dem das Rauchen nicht untersagt wurde, und wir redeten und redeten. Allerdings hatte besagter Durchgang folgenden nachteil: Jeder andere Raucher hielt sich dort auch früher oder später auf, und als Durchgang lockte dieser Ort immer wieder Passanten an... Kurz gesagt, es herrschte eine Geräuschkulisse, die später auf der Tonaufnahme sehr dominant sein sollte.
Das Ganze wiederum war so heftig, daß Ich und mehrere Helfer daran scheiterten, das eigentliche Interview herauszulauschen und abzutippen. Erst der unermüdliche Einsatz unserer Brummelhexe, welche mittels modernster technik Störgeräusche aus der aufnahme filterte und mit extrem viel geduld unsere Worte zerpflückte, liegt nun ein großer Teil dessen vor, was wir uns an diesem Abend zu dritt zusammengesponnen haben. Manche Passagen waren wohl auch ihr unverständlich, aber das meiste wurde gerettet!
Vielen Dank also an Nicole für ihre Arbeit, und natürlich an Niel und Sandra von Faun, für dieses wie immer witzige und informative Gespräch im letzten Jahr. ;)


"Auf dem Oktoberfest würd ich sehr ungern auftreten."

Otti:
Also die Trennung von Elisabeth und der Neubeginn mit dir Sandra war ja wohl der größte Einschnitt in eurer Bandgeschichte. Wie ist aktuell bei euch die Stimmung und wirst du die Parts von Lisa Eins zu Eins übernehmen ?

Sandra:
Ach, das war jetzt an mich gerichtet - kannst du das bitte nochmal sagen?

Otti:
Ja, also zum einen wüsste ich gern, wie die Stimmung in letzter Zeit so bei euch ist?

Sandra:
*lacht* Lustig!

Otti:
Und übernimmst du die Parts von Lisa Eins zu Eins?

Sandra:
Also manche Dinge übernimmt man natürlich so wie sie waren und bei anderen bringt man eben etwas eigenes ein. Ich will sie ja auch nicht nur kopieren. Das geht ja auch gar nicht, jemanden zu kopieren und so versuche ich das auch gar nicht.

Otti:
Du antwortest doch ganz gut - siehst du - ist gar nich so schwer.

Niel:
Letzten Endes bringt diese Veränderung und Sandra als Person auch neuen Schwung in die Band. Das soll nun nicht heißen, dass Lisa nicht auch schwungvoll war, aber es ist eben ein neues Element in die Band gekommen, was uns auch nochmal inspiriert und sowas zeigt auch sehr schnell seine Wirkung. Wir haben inzwischen auch schon wieder neue Lieder in petto und führen natürlich auch alte Lieder in neuer Form auf. Wir sind also insgesamt durchaus zufrieden, wie sich momentan alles entwickelt. Das war ja zuerst sehr hart für uns, wir wussten ja erstmal nur, dass Lisa aufhören will und da war natürlich eine ganz große Ungewissheit da, wie es mit der Band weitergeht, ob es überhaupt weitergeht.

Sandra:
Ich kann auch gar nicht alles Eins zu Eins von der Lisa übernehmen, denn sie spielt ja Drehleier und ich Geige. Dementsprechend bringe ich natürlich meine eigenen Ideen ein.

Otti:
Drehleier gibts dann momentan bei euch gar nicht mehr ?

Niel:
Die gibts momentan gar nicht mehr, aber dafür gibts die Geige als neues Element und Instrument.

Sandra:
Ich bin aber auch ziemlich Drehleier-verrückt ... also mal schauen ...

Otti:
Bei meinen Recherchen bin ich übrigens zufällig darüber gestolpert, dass es bereits eine andere Band namens Faun gab, die 1998 aufgehört haben - ein Jahr vor eurer Gründung und wollen dieses Jahr ein Revival starten. Verbindet euch irgendwas mit denen, habt ihr das Kontakt und wird das nicht eventuell für Verwirrung sorgen?

Niel:
Die kommen aus München, oder?

Otti:
Nein, Würzburg.

Niel:
Also ich weiß nicht, ob das dieselbe Band ist, aber da gabs mal ein lustiges Ereignis. Mein Bruder war in einer Kneipe und hat dort einen Freund getroffen und der erzählte dann, er habe eine Band, die "Faun" hieß. Und die haben sich dann darüber unterhalten und eben auch darüber, dass sein Bruder (ich) eine Band hat, die langsam erfolgreich wird und die auch Faun heißt. Und besagten Freund brachte er irgendwann mit auf ein Konzert, der gab mir dann die Hand und meinte, wir hätten den Namen verdient. Ich tippe mal drauf, dass das diese Band ist. Es gibt aber auch noch eine Band aus Holland, die auch Faun heißt. Der Name ist wohl scheinbar sehr beliebt irgendwie.

Otti:
Wäre ein gemeinsames Konzert nicht auch mal ein Plan?

Sandra:
Aber machen die nicht so Heavy Metal?

Niel:
Ich glaube, die machen eher so Pop-Rock.Also in Planung ist nichts, wir stehen auch in keinerlei Kontakt.

Otti:
Eure neue CD "Faun & the Pagan Folk Festival Live" - ist ein sehr langer Name - ist euer erstes Live-Album. Bei einer Band, die so oft auf der Bühne präsent ist, war dieses Werk doch im Grunde obligatorisch. Wieso mussten die Fans so lange warten?

Niel:
Das hängt ein bisschen damit zusammen, dass wir sehr wählerisch sind. Wenn man da nur ein Konzert live aufgenommen hätte, da passieren - live is live - ja auch immer Sachen, die man in dem Maße nicht auf eine CD bannen will. Sei es, dass der Computer knackst oder man liegt mal mit einem Instrument ein bisschen daneben. Die schönste Situation auf Tour hatten wir im Grunde darin, dass wir alle Konzerte nacheinander aufzeichnen konnten und da ist es dann natürlich ein totales Glück, dass man daraus dann die besten Versionen auswählen kann. Wir haben uns dann im Grunde zwei Konzerte ausgesucht - und dann das genommen, was am besten klang. Vor allem ist es so, dass bei einer längeren Tour man dann so eingespielt ist, dass es eigentlich nur noch gut klingen kann. Das war einfach da dann die Gelegenheit - wir wollten schon ganz lang ein Live-Album machen und da mussten wir einfach die Gelegenheit am Schopfe packen, dass jetzt zu machen.

Otti:
Was macht für dich das Flair aus auf der CD?

Niel:
Das ist ganz definitiv auch das Publikum. Was es auch ausmacht ist, dass einige Lieder in der Live-Version einfach anders klingen, andere Arrangements haben, andere Elemente. zB "Satyros" - das ist auf der Bühne doch ganz anders als auf der Studio-CD und das nun noch einmal in derselben Version draufzupacken, wäre eigentlich ziemlich langweilig. Und diese Unterschiede machen eben auch die CD aus.

Otti:
Tat es nicht aber auch ein bisschen weh, aus einem mehrstündigen Programm eine kurze CD machen zu müssen?

Niel:
Natürlich ist das so, aber da sind eben die technischen Möglichkeiten einfach vorgegeben. Wobei - eigentlich finde ich, dass wir so wie die CD ist, die perfekte Auswahl gefunden haben. Ich mag selbst auch keine CDs, auf die alles rauf geklatscht wurde, nur um möglichst viel Zeit zu füllen.

Sandra:
Ich denke zu Beginn ist das immer erstmal schwierig, aber je länger man sich damit beschäftigt, umso klarer wird dann auch, was man am besten auswählt.

Otti:
Zum Thema Live-Autritte noch - beim ersten Mal hab ich euch gefragt, wo ihr gerne noch auftreten würdet. Dieses Mal wüsste ich sehr gern, wo ihr absolut nicht auftreten wollt, auf welcher Veranstaltung oder an welchem Ort?

Niel:
Ich überlege gerade ... auf dem Oktoberfest würd ich sehr ungern auftreten. Da müssten wir sicher auch das Set umgestalten - ein paar Blasmusikinstrumente müssten dazu. Dis Blasmusikversion von "Satyros" hört sich sicher lustig an. Nee, also ich denke alle Locations, wo alle Leute nur komplett besoffen sind, nur auf Chaos aus sind oder randalieren - das kann sicher lustig sein, muss aber nicht.

Otti:
Dann auch sowas wie Wacken nicht?

Niel:
Doch! Wacken ist ja was anderes - da gehört sowas einfach zur Stimmung dazu. Ja und vielleicht - "ZDF-Fernsehgarten" obwohl sowas vielleicht auch lustig werden könnte. Es kommt wahrscheinlich auch immer drauf an, was man letztendlich auf der Location macht.

Otti:
Anderes Thema - eure Freunde von Schandmaul haben ja zehnjähriges Jubiläum - was möchtet ihr ihnen auf diesem Weg ausrichten?

Niel:
Dass wir uns hoffentlich bald mal wiedersehen und dass sie weiter so in ihrem Stil bleiben ...

Sandra:
... dass ihnen nie die Ideen ausgehen für ihre tollen, stimmungsvollen Lieder ...

Niel:
genau ... und toi toi toi weiterhin ...

Otti:
Ihr habt nächstes Jahr auch zehnjähriges ...

Niel:
Ja, zumindest wenn man Faun in der Alpha-Version so sieht ... aber dann gabs ja auch eine Beta-Version ... inzwischen sind wir etwa bei der Version 1.5 ... es ist immer schwer etwas zum Alter von Faun zu sagen - ich weiß, dass ich auch schon auf einem Faun Konzert war, als ich noch nicht dabei war - da hatte mir jemand gesagt "Da spielt eine Mittelalterband und ich bin dann einfach mitgegangen" - das war glaub so zwei Jahre vor meinem Einstieg. Ich bin jetzt seit 6 Jahren dabei - das ist für mich persönlich natürlich das Alter von Faun.

Otti:
Also wird es sowas wie eine Jubiläumsfeier auch gar nicht geben?

Niel:
Darüber haben wir uns noch gar keine Gedanken gemacht. Also vielleicht ja schon - vielleicht auch mit allen, die mal bei Faun mitgespielt haben - das wäre sicher sehr witzig. Birgit von Schandmaul ja auch.

Otti:
Ich weiß. Ein entscheidender Faktor für den Charme, den ihr versprüht, dürfte auch eure Freundschaft untereinander sein. Das merkt man ja sehr deutlich. Ich finde es immer faszinierend, wenn Menschen die jahrelang miteinander arbeiten, sich nie so richtig auf die Nerven gehen. Wie schafft ihr das?

Niel:
Also natürlich pflegen wir ein angenehmes, freundschaftliches Verhältnis zueinander, in dem auch Humor seine Rolle spielt ... manchmal schreien wir uns natürlich auch an, sowas kommt auch mal vor ...

Sandra:
... aber wir essen dann alle zusammen Nudeln mit Tomatensauce ...

Niel:
... und trinken Salbeitee ...

Otti:
Salbeitee?!

Niel:
Na es ist auch für mich faszinierend ... es ist immer noch frisch und herzlich - nie so, dass man denkt "Och Gott, nicht schon wieder, keinen Bock ..." - Sowas kommt eigentlich nicht vor, ich freue mich immer, wenns wieder zu Proben geht und so.

Otti:
Mal aus persönlichem Interesse: Was war die schlimmste Frage, die euch in einem Interview bisher gestellt wurde?

Niel:
Ich glaube die Frage lautete "Ihr mögt doch Kinder?". Ansonsten kommt immer wieder die Frage, was die Bedeutung des Namens "Faun" ist oder wie wir auf den Namen kamen.

Sandra:
Die Frage "Was macht ihr für Musik?"

Niel:
"Könnt ihr davon leben? Wieso macht ihr das überhaupt?"

Otti:
*lacht* Ja, lasst es doch gleich sein!
Ein weltweiter Stromaufall wäre wahrscheinlich der Untergang der Zivilisation und der modernen Menschheit - Wie gefährlich ist es in euren Augen, dass wir uns dermassen von der Technik abhängig gemacht haben?

Niel:
Naja, im Grunde ist es schon so, dass der Kontakt zum Boden den Menschen verloren geht. Gerade sind ja auch wieder die Proteste der Milchbauern vor Lidl & Aldi usw. weil das verdiente Geld gar nicht mehr ausreicht. Und das ist auch so ein Zeichen für den Verlust jeder Bodenhaftung. Irgendwie finde ich es schon wichtig, dass man nicht vergisst, dass man Feuer machen kann und wie ein Wald aussieht.

Otti:
Oder eine Kuh!

Niel:
Ja, oder wie eine Kuh aussieht. Das sind doch diese Papp-Behälter, die im Kühlschrank stehen!

Otti:
Die Milka-Kuh ist jedenfalls lila!

Sandra:
Viele Kinder denken tatsächlich, dass Kühe lila sind.

Niel:
Allgemein ist es auch mal eine gute Idee die Möglichkeit wahrzunehmen, mal eine Weile ohne Strom zu leben. Nehmen wir zB. das Internet als Beispiel: da wird eine zweite Art von Realität erschaffen, die als Werkzeug zwar sehr sehr nützlich ist, aber im Prinzip eine komplette Ablenkung von dem ist, was draußen wirklich geschieht.

Otti:
Ich kenne durchaus auch Leute, die können ohne Navi gar kein Auto mehr fahren.

Niel:
Also heute waren wir für unser Navi auch sehr dankbar! *lacht* Gibt aber ja auch so viele Menschen, die für jedes Essen Fertigprodukte brauchen. Ich bin nun auch kein großartiger Koch, aber zu wissen, dass man Kartoffelpürree aus Kartoffeln macht - dass man die schneiden, kochen, stampfen kann und dann hat man schonmal etwas zu essen. Und das ist die Basis und kein Pulver - da geht viel verloren. Gerade auch bei jüngeren Menschen gibt es durchaus auch viele, die neugierig sind, die Dinge erfahren möchten. Die wissen wollen, was woher kommt und auch sehen, dass sie ein Teil einer Entwicklung sind.

Otti:
Ich hab auch gerade erst gelesen, dass es Wissenschaftler gibt, die empfehlen, dass man Goethe oder Lessing gar nicht mehr in der Schule lesen sollte, weil sie nicht zeitgemäß sind, sondern viel eher Harry Potter oder sowas. Wie seht ihr solche Aussagen?

Niel:
Na, das hängt natürlich auch mit der Schule zusammen. Ich weiß zum Beispiel von mir, dass mir bestimmte Bücher von der Schule auch vermiest worden sind - vielleicht ist es dann wirklich besser, wenn man Potter liest. Wir haben selbst Goethe ja auch vertont - und davor konnte man mich auch damit jagen. Das war eine Faszination, die ich erst wieder entdecken musste.

Sandra:
Ich denke, man muss eine Mischung finden - das Alte bewahren und der Allgemeinbildung auch gerecht werden, und dennoch auch das behandeln, was die Kinder interessiert.

Niel:
Ein Harry Potter-Begeleitbuch irgendwie - ein Buch wo von Harry Potter Verweise zu anderen Büchern gezogen werden. Ich glaube Goethe ist da mit dabei - Faust glaube ich - und auch die Bibel? Ich denke, die Leute müssen auch selbst entscheiden und selbst Begeisterung finden - man sollte die alten Klassiker nicht in Vergessenheit geraten lassen, die Schüler aber auch nicht mit Dingen quälen, auf die sie keinen Bock haben.

Otti:
Damit sie auch nicht Dinge wie alte Literatur pauschal ablehnen, obwohl sie es sonst vielleicht mögen würden ...

Niel:
Ich finde es ist toll, wenn über solche die Beschäftigung mit der alten Zeit Interessen entstehen ... das wäre wohl der Idealzustand, den Lehrer sich wünschen würde, dass man einfach irgendwann feststellt, dass ein Schüler sich zB. im 12. Jahrhundert auskennt ...

Otti:
Ich wollte immer gern Tolkien lesen, aber das wollte mein Lehrer auch nicht ...

Niel:
Siehst du!

Otti:
Ich hab noch eine Frage in eine ähnliche Richtung - gerade das Interesse fürs Mittelalter sorgt bei jüngeren Menschen ja auch immer mal dafür, dass sie Lust haben alte Instrumente zu lernen: Geige, Flöte, Drehleier, Harfe ... Seht ihr in solchen Bereichen für euch selbst eine Art pädagogischen Auftrag?

Niel:
Nicht so richtig. Ich denke, es ist wichtig, dass man selbst Spaß an solchen Dinge entdeckt. Und wenn man den hat, dann finden es andere auch gut. Ich glaube bei den mittelalterlichen Instrumenten existiert am Anfang immer die Faszination des Klanges.

Otti:
Was macht ihr heute Abend, wenn das Konzert vorbei ist?

Niel:
Feiern?

Otti:
Hier noch, oder?

Niel:
Also ob hier noch, weiß ich nicht genau ... ob wir im Backstage noch feiern ... ansonsten müssen wir ohnehin schonend feiern, weil wir ja mitten in einer Tour sind. Also zu heftig ...

Sandra:
Noch kann ich auch gar nicht an Feiern denken - ich bin erstmal wahnsinnig erleichtert und glücklich, dass alles so gut gelaufen ist. Ich krieg da momentan auch immer gar nicht soviel mit danach ...

Otti:
Für dich ist ja auch eine ganz neue Aufregung mit dabei ...

Sandra:
Ja!

Otti:
Letzte Frage - wer wird Europameister?

Niel:
Europameister?

Sandra:
Ja, Fussball!

Niel:
Also ich interessier mich nun gar nicht so für Fussball, aber ich würd sagen Brasilien.

Otti:
*lacht* Gut, dann danke ich euch.

Art des Interviews: face2face
04/23/09 by Otti
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