"Sie gelten als roh, unzivilisiert und bösartig: die Orks. Doch nicht alles, was bisherüber sie geschrieben wurde, entspricht der Wahrheit. Dies ist die Geschichte von Dar, einer verstoßenen Klanstochter, die in das gefürchtete Söldnerheer der Orks aufgenommen wird - und nach und nach die wahren Absichten der dunklen Wesen entdeckt..."
Ausnahmsweise deckt sich mal ein Klappentext nahezu mit dem Inhalt des Buches, ohne zuviel zu verraten. Ich bin beeindruckt! Lediglich der Begriff "Klanstochter" scheint unpassend, aber da sehen wir mal drüber hinweg und wenden uns stattdessen dem Buch und seinem Autor zu.
Morgan Howell ist ein Pseudonym des US-Amerikanischen Kinderbuch-Autors Will Hubbell, welcher unter seinem zweiten Autorennamen eher dunklere Fantasypfade beschreitet und diese von seinen Kindergeschichten distanzieren wollte. Sicherlich ist aber auch ein anderer Faktor unüebrsehbar - Morgan kann im Englischen auch ein weiblicher Vorname sein, und tatsächlich wird oft fälschlich angenommen, dass Königin der Orks von einer Autorin geschrieben wurde. Das wiederum empfindet der umtriebige Autor als Kompliment. Eine weitere Trilogie (The Shadowed Path) ist zumindest im englischen Original bereits erschienen und spielt in derselben Welt wie Königin der Orks.
Königin der Orks wiederum war - meines Wissens nach - der erste Ausflug von Will aka Morgan in die Welt der klassischen Fantasy. Ursprünglich in drei Bänden erschienen, (Söldner, Legionäre und Herrscher) fiel mir nun beim Stöbern im örtlichen Bücherladen der von Heyne im November veröffentlichte Sammelband in die Hände. Fast 1300 Seiten Lesespaß für 12 Euro, und das auch noch über eines meienr Lieblings-Fantasyvölker, da konnte ich natürlich nicht "Nein" sagen.
Wie schon im Klappentext beschrieben, erzählt Königin der Orks die Geschichte der jungen Dar. Diese ist im übrigen ein Mensch und kein Ork, ein Fakt den Howell zunächst nicht aufklärt, was zumindest bei mir kurzweilig für Irritationen sorgt. Dar wird von den Soldaten des Königs eingezogen, um beim Militär zu dienen, sehr zur Freude ihrer Stiefmutter, welche sich von dem aufmüpfigen und ungeliebten Mädel befreit sieht.
Im Heer wird sie zunächst gebrandmarkt und so zum Eigentum des Königs gemacht - Bei einer Flucht würde sie zur Vogelfreien und recht schnell Opfer von Kopfgeldjägern. Der Grund für diese Maßnahmen: Sie muß die Orks bedienen, welche an der Seite der menschlichen Krieger und Söldner für König Kregant in den Krieg ziehen, denn diese scheinbar wilden Kreaturen lassen sich seltsamerweise nur von Frauen das Essen auftischen.
Dar fügt sich ihrem Schicksal nur widerwillig und gerät zudem mit den rüpelhaften Männern in ihrem Regiment immer wieder aneinander. Sie lernt aber dafür die Orks kennen und ihr Wesen zu verstehen. Sie entpuppen sich als sittsame, in einem Matriarchat lebende und eigentlich friedfertige Kreaturen, die nur in den Krieg ziehen, weil ihre Königin in der Schuld des Menschenkönigs steht. Schnell merkt Dar, dass sie sich in Gegenwart dieser Wesen wohlfühlt und beginnt, sich mit ihnen anzufreunden...
Königin der Orks spielt in einer Welt, in der die Orks eben keine wilden Krieger sind, sondern eigentlich ganz handzahm und gutmütig und nur aufgrund der Umstände zum Blutvergießen gezwungen sind. Genau das ist auch das im Grunde einzige Problem dieser Geschichte. Morgan Howell nimmt eine beliebte Fantasy-Rasse und polt sie dermaßen um, dass von den ursprünglichen Klischees und Eigenschaften, die man einem Ork zuspricht, nahezu nichts übrig bleibt, abgesehen vielleicht von seiner Stärke. Statt wilde, barbarische Kreaturen sind Howells Orks eher sowas wie Shaolin-Mönche in römischer Kriegsformation und mit einem ausgeprägten Ödipus-Komplex.
Nicht, dass man mich fehlinterpretiert: Man darf auch solche Fantasyklischees durchaus aufbrechen, und sicherlich kann man ein solches Fabelvolk immer wieder neu erfinden, doch in diesem Fall ist der Umbruch etwas arg stark und somit für eingefleischte "Ork-Fans" schwer verdaulich.
Sieht man aber davon ab, dass die Orks in Königin der Orks eigentlich keine Orks sind, sondern irgendetwas anderes, handelt es sich hierbei um eine durchaus spannende und ausgereifte Mär. Mystik und Romantik sind hier ebensowichtige Stimmungsträger, wie gelegentliche recht brutale Szenen - Ein Kontrast der sich durch die gesamte Geschichte zieht und vor allem den menschlichen Charakter als solchen immer wieder kritisch unter die Lupe nimmt.
Was ich an dieser Stelle aber wirklich mal kritisieren muss, ist das Lektorat: Dermaßen viele Tipp- und Rechtschreibfehler sind mir wahrlich noch in keinem anderen Printwerk untergekommen - Hier hat der Verlag in meinen Augen eindeutig Mist gebaut.
Aber genug der Kritik und des Gemeckers. Königin der Orks war ein Spontankauf und als solcher sicher kein Fehlgriff. Ich bin was Orks angeht normalerweise schon sehr eigen, dennoch kann ich Howell für seine sehr ungewöhnliche Intepretation dieser Viecher nicht wirklich böse sein. Vor allem als Sammelband zum Schnäppchenpreis hat sich diese Anschaffung sicher gelohnt und mir viele Stunden angenehmer Lesefreuden verschafft. Königin der Orks ist solideste Fantasykost, nicht überragend aber durchaus lesenswert.
Veröffentlicht: 09. November 2010
Verlag: Heyne
Umfang: 1280 Seiten
Preis: 12,00 Euro (Taschenbuchausgabe)
ISBN: 978-3453527911
|
|