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Im Ruhrgebiet gehören die beiden Burgenfestivals in Mülheim zu den wichtigsten jährlichen Festivals der schwarzen Szene. Das einmalig schöne Ambiente des Schloss Broich, das in jedem Jahr hochkarätige Line-Up und die nach wie vor familiäre Atmosphäre haben sowohl Castle Rock als auch Burgfolk einen Kultststatus verschafft, der mittlerweile Fans und Besucher aus der ganze Republik anzieht.
Michael Bohnes ist der Initiator beider Veranstaltungen. Der sympathische und junggebleibene Veranstalter ist bei Gästen und Künstlern gleichermaßen beliebt, und mit Sicherheit einer der nahbarsten Festivalveranstalter die es gibt - was wohl mit Sicherheit nicht zuletzt daran liegt, dass er seine Arbeit und die Musik die er uns Jahr für Jahr präsentiert liebt.
Jetzt nahm sich Michael einfach mal die Zeit, ein wenig aus dem Nähkästchen zu plaudern und aufzuzeigen, wie schön und schwierig zugleich seine Arbeit ist.
Otti:
Hallo Michael, erstmal vielen Dank dafür, dass Du dir die Zeit nimmst und uns mal Einblicke in die Welt und Sichtweise eines Festival-Veranstalters gewährst. Den regelmässigen Besuchern des Burgfolk und des Castle Rock dürfte dein Name auf jeden Fall ein Begriff sein, ich möchte dich aber trotzdem bitten, dich zunächst mal kurz vorzustellen und uns zu erklären, wie Du zum Veranstalter dieser Festivals geworden bist.
Michael:
Nun, mein Name ist Michael Bohnes, 49 Jahre jung, verheiratet, habe eine Tochter (17) und einen Sohn (14). Ich bin seit 1980 Beamter bei der Stadtverwaltung Mülheim an der Ruhr und als solcher seit 1992 beim Kulturbetrieb der Stadt Mülheim an der Ruhr tätig.
Die ursprüngliche Idee ist dadurch entstanden, ein kulturelles Sommerprogramm für die Stadt Mülheim zu initiieren.
Im Zuge der Überlegungen ist man dann meiner Auffassung gefolgt, ein oder zwei Festivals mit überörtlicher Ausstrahlung im Schloß Broich zu veranstalten..... und schon hatte ich einen Haufen Arbeit mehr... und bin so, wie mal einer deiner Kollegen von der schreibenden Zunft trefflich bemerkte, zum "Lieblingsbeamten der Schwarzen Szene" avanciert. :)
"Würde ich die Veranstaltungen nicht genießen können, würde ich sie nicht machen. :)"
Otti:
Das Castle Rock findet im kommenden Jahr zum zwölften Mal statt, beim Burgfolk gilt es das 10-jährige Jubiläum zu feiern. Hättest Du damals als alles anfing gedacht, das sich daraus so eine Erfolgsgeschichte entwickeln würde? Gothic, Metal und Rock-Musik haben ja nicht unbedingt überall einen guten Ruf, es gibt nach wie vor viele Vorurteile gegenüber diesen Musikrichtungen und ihren Anhängern. Gab es da anfangs auch Widerstand vonseiten der Kollegen bei der Stadt Mülheim?
Michael:
Sicherlich wurden die Veranstaltungen anfangs kritisch beäugt. Fragen nach vermeintlichen Begräbniszeremonien oder Rockertreffen waren keine Seltenheit. Letzlich war natürlich viel Überzeugungsarbeit notwendig, die aber auch gefruchtet hat. Die Kolleginnen und Kollegen der Stadtverwaltung wie auch die Mülheimer Bevölkerung hat in den letzten Jahren erkannt, dass die BesucherInnen unserer Festivals sich nur etwas eigentümlich kleiden, aber ansonsten durchaus friedliche, kultivierte und angenehme Gäste unserer Stadt sind. Hilfreich war sicher, dass unsere Oberbürgermeisterin schon einige unserer Festivals besucht hat und sich davon überzeugen konnte, dass unsere Veranstaltungen wertvolle Bereicherungen für das kulturelle Leben in unserer Stadt sind.
Hinzu kommt, dass mittlerweile das kulturtouristische Potenzial erkannt wurde und die Festivals auch aus Sicht des Stadtmarketings ein wichtiger Werbeträger für Mülheim an der Ruhr sind.
Otti:
Mittlerweile sind beide Festivals ja richtig etabliert und nahezu immer ausverkauft oder es gibt nur wenige Restkarten. Und seit diesem Jahr habt ihr auch das Burgfolk auf zwei Tage ausgedehnt - Gibt es da Überlegungen, das ganze noch räumlich oder zeitlich auszuweiten, oder gar eine weitere Veranstaltung in den Programmplan aufzunehmen?
Michael:
Mit der Ausdehnung beider Festivals auf zwei Tage ist eine weitere zeitlich Ausweitung ausgeschlossen. Etwaige Überlegungen hinsichtlich der räumlichen Ausweitung haben wir bereits 2002 verworfen. Castle Rock und Burgfolk gehören in den Innenhof des Schlosses Broich und wir wären sicherlich nicht gut beraten, diese Location zugunsten einer höheren Besucherzahl aufzugeben. Nicht zuletzt aufgrund ihrer Atmosphäre und der Location haben sich beide Festivals in den vergangenen Jahren in Fankreisen einen Kultstatus erworben, den es unbedingt beizubehalten gilt.
Otti:
Wenn man sich mit den Musikern unterhält, die auf deinen Festivals spielen, dann hört man sie meist schwärmen: Es ist alles so locker und entspannt, du nimmst dir Zeit für sie und es gibt auch Geschichten über lange Nächte an der Hotelbar. Wie siehst Du umgedreht dein Verhältnis zu den Künstlern?
Michael:
Wir sind doch alle Menschen und jeder weiß, dass eine entspannte Arbeitsatmosphäre leistungsfördernd ist. Was ich damit sagen möchte: Natürlich sind wir Dienstleister - die Bands für das Publikum und die Veranstalter, die Veranstalter wiederum für die Bands und das Publikum. Das schließt jedoch nicht aus, dass man seinen Job auch mit Freude bewerkstelligen kann. Wenn ich doch als Veranstalter möchte, dass die Band ihre beste Leistung auf der Bühne bringt, sehe ich mich in der Verpflichtung, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, damit die Band auch die Möglichkeit hat, ihre beste Leistung abzurufen.
Ein freundliches Wort, ein Lächeln zur richtigen Zeit sowie ein respektvoller Umgang miteinander sind der beste Ratgeber für eine lockere und entspannte Arbeitsatmosphäre. ........und das Bierchen danach an der Hotelbar gehört für mich einfach dazu.
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Otti:
Ich kann mir aber auch vorstellen, dass es nicht immer so locker ist - Gerade während die Veranstaltung noch läuft bist Du ja der Hauptverantwortliche. Kannst Du die Festivals denn trotzdem geniessen?
Michael:
Würde ich die Veranstaltungen nicht genießen können, würde ich sie nicht machen. :) Ich nehme mir grundsätzlich die Zeit, zumindest von jeder Band 2 - 3 Songs anzuschauen. Ich habe das Glück, dass ich mit einem sehr engagierten Team zusammenarbeiten kann, die alles Mögliche dafür tun, dass die ganze Veranstaltung für alle Beteiligten möglichst stressfrei abläuft. Das A und O ist aber eine gute Festivalvorbereitung. Obwohl man nie wirklich sämtliche Problemstellungen, die solche Veranstaltungen naturgemäß mit sich bringen, ausschließen kann, ist für mich eine gute Vorbereitung ein absolut stressminimierendes Element.
Otti:
Ohne jetzt indiskret werden zu wollen, gibt es vielleicht auch die eine oder andere lustige Anekdote, die Du mit den Bands erlebt hast und uns hier erzählen magst?
Michael:
Nun das ist eine Frage, die mir unglaublich oft gestellt wird.
Hier zitiere ich mich gerne mal selber; und zwar aus dem Buch Kumpels in Kutten - Metal im Ruhrgebiet, an dem ich mit einem Gastbeitrag mitwirken durfte:
"Natürlich gäbe es viele Geschichten rund um die Festivals zu erzählen. Geschichten, die einfach schön oder todtraurig, einfach witzig oder nur peinlich waren. Doch hier ist Schweigen das Gebot der Stunde. Denn was in Mülheim war, soll auch in Mülheim bleiben........"
Otti:
Die Bands für 2011 stehen ja nun auch schon fest. Es ist kein Geheimnis, dass Du das Line Up auch nach deinem persönlichen Geschmack auswählst. Welche Kriterien gibt es denn sonst noch? Und gibt es da noch Träume, die Du dir bis dato noch nicht erfüllen konntest?
Michael:
Nun, da ist immer das Gesamtpaket entscheidend. Also die terminliche und wirtschaftliche Machbarkeit. Darüber hinaus muss die Musik natürlich auch in das inhaltliche Konzept passen. Als Metalfan "alter Schule" würde mir z. B. nicht einfallen eine True Metal Band zum Castle Rock oder zum Burgfolk einzuladen.
Zudem - wie du schon richtig bemerkt hast - muss mir persönlich die Musik gefallen. Das ist vielleicht die höchste zu nehmende Hürde. :)
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Natürlich habe auch ich noch festivalbezogene Wünsche. So würde ich gerne Janus - für mich eine der Kultbands des Castle Rock - mal wieder bei uns aufspielen sehen. Sehr charmant fände ich auch ein Akustikkonzert von ASP (Von Zaubererbüdern...) Davon abgesehen habe ich die Bewerbungen von AC/DC, Metallica, Sisters Of Mercy etc. abgelehnt, da diese Bands nicht unseren Qualitätsstandard erfüllen. ;)
Otti:
Auf den beiden Webseiten gabs zudem einen Aufruf, Bandvorschläge ins Gästebuch zu schreiben. Wieviel Einfluss hatte das auf die Wahl des Line Ups? Und birgt das nicht auch die Gefahr, dass mancher enttäuscht ist, wenn keiner seiner Wünsche in Erfüllung geht?
Michael:
Das sehe ich nicht so. Die Aufforderung, Bandwünsche zu äußern begründet ja keinen Anspruch darauf, dass diese Bands auch eingeladen werden. Ich verstehe die Bandvorschläge als Anregung, mir die ein oder andere Band mal anzuschauen bzw. anzuhören. Ich glaube die meisten unserer BesucherInnen sehen das ähnlich. Ich habe jedenfalls in dieser Hinsicht noch keine Klagen gehört.......
"Teil unseres Konzeptes ist es ja, neben den sogenannten Headlinern, die Stars von Morgen zu präsentieren."
Otti:
Das was da so bereits angekündigt ist liest sich wieder sehr beeindruckend, beim Castle Rock 2011 sind zum Beispiel Moonspell, Oomph! und Crematory, auf der anderen Seite gibst Du aber auch vergleichsweise unbekannten Acts wie Feuerseele oder Golden Apes eine Chance. Ganz ehrlich, freust Du dich mehr über die Headliner, die du teilweise wahrscheinlich auch schon häufiger gesehen hast, oder magst Du es doch lieber einfach mal was neues zu entdecken?
Michael:
Nun, Teil unseres Konzeptes ist es ja, neben den sogenannten Headlinern, die Stars von Morgen zu präsentieren. Dabei messe ich den Headlinern die gleiche Bedeutung zu wie den sogenannten Newcomern. Letztendlich sind es aber die Headliner, die die BesucherInnen bringen und somit für das wirtschaftliche Überleben der Festivals notwendig sind. Ohne vermessen zu sein, sehe ich mittlerweile angesichts der Konkurrenz im Umfeld die absolute Notwendigkeit unsere eigenen Headliner aufzubauen. Insofern geben wir uns immer die größte Mühe, die vorderen Positionen im Line-Up mit interessanten Bands zu besetzen. Dass dieses Konzept durchaus Erfolg haben kann, zeigen Bands wie die Letzte Instanz oder Saltatio Mortis, die bereits zu Beginn unserer Festivalhistorie bei uns zu Gast waren und heute nicht nur bei uns Headliner-Status besitzen.
Ich persönlich habe unglaublich Spaß daran, neue und unverbrauchte Bands zu entdecken und bin auch immer ein wenig stolz, wenn ich dabei vielleicht die Headliner von Morgen gefunden habe.
Nichts desto Trotz freue ich mich sehr, wenn es uns gelingt auch mal wieder große Namen in Mülheim präsentieren zu können. Ich denke, mit Oomph!, Crematory und Moonspell u. a. ist es uns für das kommende Jahr gelungen, ein saustarkes Line-Up auf die Beine zu stellen. Gleiches gilt natürlich auch für das Burgfolk mit Haggard, Eluveitie, Omnia und Fiddler’s Green etc..
Otti:
Beim Burgfolk steht ja wie schon erwähnt das Jubiläum an. Habt ihr da vor, das irgendwie besonders zu feiern?
Michael:
Es gibt bestimmte Überlegungen, die ich an dieser Stelle aber noch nicht verraten möchte.
Website zum Castle Rock
Website zum Burgfolk
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