Eines muss man Alex Krull und Atrocity lassen: Wirklich keine Metal-Combo national wie international kann ihnen in Sachen Vielseitigkeit das Wasser reichen. Wo andere sich vornehmlich in einem Genre bewegen und vielleicht mal bei einem Special-Release mutig in andere Gefilde ausbrechen, schaffen es diese Jungs, bei fast jedem neuen Album vollkommen andere Wege zu beschreiten. Atrocity haben schon früh Pionierarbeit betrieben, als sie mit Gothic-Acts wie Das Ich genreübergreifende Kooperationen starteten, und die Werk 80-Reihe ist nahezu legendär: 80er-Kulthits in kraftvollem Metal-Gewand zu covern war gelinde gesagt ein Geniestreich. Anfang September folgt nun die nächste Überraschung, mit Atrocity feat. Yasmin: After The Storm kombiniert die Bands sanftere Metaltöne mit Elementen aus der Folk-, Ethno- und Weltmusik, um wieder eine Songkollektion abzuliefern, wie man sie bis heute in vergleichbarer Form noch nicht gehört hat.
Schlüsselelement auf After The Storm ist natürlich Yasmin Krull, die Schwester des Atrocity-Mastermindes Alex. Ihre faszinierende Stimme und ihr musikalischer Input machen aus diesem Werk mehr als nur ein Experiment, es ist eune Fusion zweier Welten. Wichtig sei auch zu erwähnen, dass es diese Kooperation schon in der Vergangenheit gab, bereits 1995 hatte das Geschwisterpaar mit dem Minialbum Calling The Rain eine gemeinsame Welt erschaffen. After The Storm allerdings ist mehr als nur eine Fortsetzung dessen, hier wird die in vielen Jahren gesammelte Erfahrung beider Seiten gebündelt. Das Ergebnis ist ein Sound, der sich kaum beschreiben lässt. Dead Can Dance meets Metal wäre zu wenig, deutet aber zumindest die Marschrichtung an. Folk und Pagan wären auch die falschen Etiketten - eine Verwandschaft zu diesen Stilen ist zwar vorhanden, dennoch bewegen sich die Krulls die meiste Zeit auf Wegen, die andersartig sind. Man spürt deutlich, dass Yasmin in Neuseeland lebt, die ethnischen Einflüsse der dortigen Ureinwohner, der Geist der Natur: All dies sind Grundlagen dessen, was After The Storm umfasst.
Dieses Album in Einzelteile zu zerlegen oder zu Etikettieren wäre letztlich sowieso zum Scheitern verurteilt. Europäische, asiatische, indianische, also multikulturelle Facetten wurden als Zutaten genommen, das Ganze zu einer mentalen und musikalischen Einheit geformt und so ein Epos geschaffen, den man eigentlich nur lieben kann. Atrocity feat. Yasmin könnte man als spirituelle Kernschmelze bezeichnen, die ihre Energie in After The Storm entläd.
Wichtige Anmerkung am Rande: Wer knallharten Metal erwartet wie er sonst oft die Atrocity-Veröffentlichungen schmückt, wird auf dieser Scheibe eher enttäuscht. Zwar gibt es auch zahlreiche schnelle und kraftvolle Elemente in den Songs, insgesamt ermutigt After The Storm allerdings mehr zum Tanzen denn zum Headbangen.
Trackliste
01. A New Arrival
02. Call Of Yesterday
03. After The Storm
04. Silvan Spirit
05. Black Mountain
06. As The Sun Kissed The Sky
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07. Transilvania
08. The Flight Of Abbas Ibn Firnas
09. Goddess Of Fortune And Sorrow
10. The Otherworld
11. Eternal Nightside
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Veröffentlichung: 03.09.2010
Atrocity - Website
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