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Oder: Warum Oomph! beim Echo ausgeladen wurde
Interessant ist es doch immer wieder wenn man sich in den Medien einfach mal umschaut. Waren Oomph noch vor ca zwei Jahren etwa mit "Augen auf" überall angesagt und akzeptiert, so wurden sie nun von der Echo-Verleihung wieder ausgeladen mit der Begründung, ihre neue Single "Gott ist ein Popstar" sei "im Kontext der aktuellen, internationalen religiösen Diskussionen" nicht vertretbar. Wer mit den aktuellen internationalen Geschehnissen nicht vertraut ist sollte sich dringend mal zum Thema Mohammed-Karikaturen und deren Auswirkungen auf die Stimmung im Nahen Osten informieren.Und nicht nur vom Echo wurden die Jungs ausgeladen, nein auch Top of the Pops und die meisten deutschen Radios boykottieren den Song.
So weit so gut, wir leben im konservativen Deutschland, Religionskritik ist hier nicht sonderlich erwünscht, vor allem dann nicht wenn es gegen das Christentum geht. Wäre man jetzt böse dann könnte man unterstellen, daß wenn wir nun einen Kanzler Stoiber bekommen hätten, Oomph für diese Ketzerei vielleicht sogar auf den Scheiterhaufen gestellt werden würden. Aber okay, ich bin ja nicht böse, sondern ein ganz lieber, und ich würde niemandem etwas unterstellen. Seltsam nur daß ein Musiker wie Campino, der ja in Songs wie "Paradies (Refrain: Ich will nicht ins Paradies, wenn der Weg dorthin so schwierig ist...) ebenfalls Kritik am Christentum übt, bei der gleichen Echo-Verleihung anwesend ist und sogar als Laudator mitwirkt. Haben da die veranstalter nicht etwas geschlafen? Ist es nicht eine gewisse Doppelmoral, jemanden wegen einer freien Meinungsäußerung auszuladen während jemand anderes bleiben darf?
Oder steckt vielleicht noch etwas anderes dahinter?
Betrachten wir "Gott ist ein Popstar" mal etwas genauer. Sicher ist es auf den ersten Blick ist es eine persiflage, eine Karikatur des Christentums und der Anbetung von Göttern, und sicher ist es nicht gerade der Lieblingshit des typischen CDU-Wählers. Gleichzeitig kritisiert es aber noch etwas anderes. Und zwar die Idolisierung gecasteter Popstars a la "Deutschland sucht den Superstar" und wie diese Sendungen alle heissen. Man sollte meinen daß eine Band die seit über 15 Jahren aktiv ist und sich ihren Erfolg erarbeitet hat durchaus das Recht hat solche Kritik zu üben, schließlich ist das eine wesentlich größere Leistung als einen Dieter Bohlen zu beeindrucken, sich für ein paar Wochen an die Spitze der Charts pushen zu lassen und dann wieder in der Versenkung und Vergessenheit zu verschwinden.
Aber sehen das die großen in der Branche auch so? Schauen wir uns die letzten Jahre an und was das Business so hervorgebracht hat, so sehen wir immer wieder Boygroups, Girlgroups, Casting-Puppen und anderen Retorten-Müll. Das Volk lässt sich da natürlich gerne durch das Fernsehen beeinflussen, so daß die Medienbosse ihre gesteckten Verkaufsziele erreichen und ihren Umsatz machen. Und dann kommt da eine Band daher die das alles in den Schmutz zieht? Die Erfolg hatte auf einem Weg den sich viele "echte" Musiker erträumen, die gezeigt haben daß es auch ein Publikum gibt welches die Schnauze voll hat von der ihm vorgesetzten Grütze. Daß das nicht gerne gesehen wird kann ich mir vorstellen, denn wenn das alle so machen würden, dann hätten die großen Konzerne ja kaum noch Einfluß auf das Geschehen in der Musikszene.
Unweigerlich muss ich an das Interview mit Oswald Henke von letzter Woche denken. Auch "Goethes Erben" wurden damals trotz Chartplatzierung und genügend Zuspruch vom Publikum bei "Top of the Pops" ausgeladen, mit der Begründung ihre Musik sei zu "polarisierend". Wobei man sich bis heute zumindest beim Chart-Hit "Glasgarten" fragen kann was genau daran eigentlich polarisierend sein soll.
Zählen wir nunmal eins und eins zusammen. Auch Goethes Erben sind kein Produkt des Massenmusik-Geschäftes sondern eine Gruppe die jahrelang immer wieder die Zähne zusammengebissen und ihr Ding durchgezogen hat, um dann auch mal für ihre Mühen belohnt zu werden. Aber anstatt das zu würdigen werden diese Künstler ausgeblockt. Ich fange schon wieder an zu unterstellen wenn ich behaupte daß es sich dabei um Interventionsmaßnahmen handelt, ich weiß. Aber mir zumindest scheint es offensichtlich daß es nicht die Musik ist, oder die Texte, die dazu führen ob eine Band bei den Echos oder "Top of the Pops" erwünscht sind oder ob man ihnen Absagen mit fadenscheinigen Begründungen erteilt. Es ist wohl der Grund daß, wenn sich diese Bands durchsetzen würden, das entscheidenden Einfluß darauf hätte wie unsere Musiklandschaft sich im allgemeinen gestaltet.
Klar, es gibt auch Bands wie die Toten Hosen, Metallica oder die Ärzte, die bei solchen Veranstaltungen geehrt und präsentiert werden, und die fallen sicher auch ins Schema "selbst den Erfolg erarbeitet". Daran könnte man versuchen meine Argumentation auszuhebeln. Aber jetzt mal ganz ehrlich, wie lange sind diese Bands im Geschäft? Die Retortenmusik wird uns seit den 90ern immer mehr aufgedrückt, davor war es sicher anders. Daß man diesen Bands ihre Fans nicht mehr nehmen kann ist wohl selbstverständlich.
Und was lernen wir daraus? Die Musikbranche ist verlogen. Okay, relativierend gesagt: Die großen in der Branche sind verlogen. Wenn es Veranstaltungen gibt die Musiker für ihre Leistung ehren sollen, wenn es Shows gibt in denen die Charts gezeigtw erden, Charts die immerhin vom Publikum, vom Volk geformt werden, dann sollte man doch auch respektieren wenn dieses Volk sich für handgemachte Musik entscheidet, wenn die Leute die die Platten kaufen eben auch kritische Musik mögen.
Aber so ist das mit den Medien, sie wollen uns bestimmen, nicht bestimmt werden. Nur gut daß der Trend der letzten Zeit dem entgegenwirkt, und wir auch heute noch selbst entscheiden können welche Musik wir mögen und welche nicht.
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